Wind, Flaute oder Sturm

Philipp Müller zu gedenken und Militarismus abzulehnen ist keine Doppelmoral, sondern konsequent

[UPDATE 5.2.2013]
Walter Hilbig hatte zum Kommentar „Seltsame Doppelmoral“ von Frank Stenglein einen (bisher noch unveröffentlichten Leserbrief geschrieben)

Herr Stenglein,

Sie sprechen von „Doppelmoral“. Ich erinnere an ihr Wort: „Auf Straßenschildern können aber eben nur demokratische Persönlichkeiten geehrt werden und keine, die eine Diktatur anstrebten – welcher Spielart auch immer. Dass man darüber im Jahr 2011 überhaupt diskutieren muss, ist sehr befremdlich“

Das sagten Sie vor zwei Jahren, um die Straßenbenennung nach der von der Gestapo zum Wahnsinn gefolterten Arbeiterfrau Käthe Larsch zu verhindern. Sie starb an den Folgen der Folter, Ihre Kinder kamen in ein Waisenhaus. Ihr Widerstand gegen das Naziregime zeichnet sie als demokratische Persönlichkeit aus.

Das interessierte Sie aber weniger. Sie sei eine Stalinistin gewesen. Woher wussten Sie das? Nicht einmal die Gestapo hatte sich dafür interessiert.

Ihr Wort soll nun für bestehende Straßennamen nach Nazihelden, „die eine Diktatur anstrebten“ nicht gelten? Sie seien „typische Vertreter einer Zeit“, als hätte man in der Zeit nicht gewusst, was Mord und Massenmord ist.

Und immer wieder muss Philipp Müller herhalten.

Philipp Müller war Mitglied der FDJ, der auch unsere Bundeskanzlerin angehörte.

Der 21-jährige Philipp Müller hatte Faschismus und den Krieg miterlebt, den Militaristen vom Schlage eines von Seeckt und von Einem anzettelten. Darum demonstrierte er zusammen mit 30000 jungen Menschen am 11. Mai 1952 in Essen gegen die Wiederaufrüstung der Bundesrepublik und für einen Friedensvertrag mit einem wiedervereinigten Deutschland.

Fast glaube ich, in den Anfeindungen die klammheimliche Genugtuung zu spüren, dass dieser Jugendliche von der Polizei umgebracht wurde. Die Mörder wurden nie belangt.

Philipp Müller hat die Ehrungen verdient, nicht die Wegbereiter Hitlers.

Freundliche Grüße Walter Hilbig

Herr Stenglein beklagt in einem Kommentar zur Straßenrückbenennung der von-Einem und von-Seeckt-Straße angebliche Doppelmoral, und verteilt Demokratienoten an Philipp Müller, der in Essen 1952 von Polizisten erschossen wurde, und an dessen Tod seit 2012 nun eine Tafel erinnert.

Herr Stenglein schreibt:

Solange sie sich auf der richtigen Seite des politischen Spektrums bewegen, sind „falsche Helden“ nicht nur sicher, nein, sie können sich sogar anno 2012 (!) brandneuer Ehrungen erfreuen. Das Märtyrerschild für den kommunistischen Antidemokraten Philipp Müller an der Rüttenscheider Brücke könnte so auch in Ost-Berlin stehen – vor 1989 allerdings.
Mehr …

Darauf bezieht sich der folgende Leserbrief:

Sehr geehrter Herr Stenglein,

in Ihrem Kommentar „Seltsame Doppelmoral“
in der WAZ vom 1.2.2012 sprechen Sie Philipp Müller an:

( http://www.philipp-mueller-1952.de/wer-war-philipp-muller/ )

Entgegen Ihrem unpassenden Vergleich,
der Sie dazu führt von „Seltsamer Doppelmoral“ zu sprechen,
war aber Philipp Müller nichts anderes vorzuwerfen,
als dass er als friedlicher Demonstationsteilnehmer gegen
die Wiederbewaffnung Deutschlands 1952 in Essen
von deutschen Polizisten erschossen worden ist.

( http://www.philipp-mueller-1952.de/aufruf/ )

Wenn in Deutschland wieder Nazis geehrt
und Kommunisten verfolgt werden,
müßte ich also darauf gefasst sein,
dass mir oder meinen Freunden ähnliches widerfährt.
Daher werde ich mich mit aller Kraft dafür einsetzen,
dass dieses nicht wieder geschieht.
Ich hoffe übrigens, dass auch Sie mir dabei helfen können.

Mit freundlichen Grüßen
Olaf Swillus

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