Aufruf zu Steele zeigt grenzenlose Solidarität mit Geflüchteten

Aufruf zu
https://www.linksdiagonal.de/2019/06/23/steele-zeigt-grenzenlose-solidaritaet-mit-gefluechteten/
in Deutsch / in Englisch weiter unten:

Weltweit befinden sich rund 69 Millionen Menschen auf der Flucht. Die europäische Abschottungspolitik im Mittelmeer tötet tagtäglich Menschen, die durch Krieg, Gewalt, Vertreibung, Armut und zunehmend auch die Folgen der Klimakatastrophe gezwungen werden, ihre Heimat zu verlassen. Sie sterben an der “tödlichsten Grenze der Welt” oder landen in Camps in Libyen, in denen ihnen Folter, Vergewaltigung und Verschleppung drohen. Die europäischen Regierungen sehen dem nicht nur tatenlos zu, sondern kürzen die Mittel für staatliche Hilfsprogramme zusammen bzw. streichen sie komplett. Zusätzlich werden Hilfsorganisationen bei der humanitär und völkerrechtlich gebotenen Seenotrettung kriminalisiert, bekämpft und aktiv an ihrer Arbeit gehindert.

Italiens Justiz klagt Helfer*innen an, z.B. drohen der Iuventa-Kapitänin Pia Klemp bis zu 20 Jahre Haft. Ein Gesetz soll Rettungsschiffen künftig das Befahren italienischer Gewässer verbieten. Bei Verstößen wird mit Strafen bis zu 50.000 Euro gedroht. Ein Gericht in Malta verurteilte den Kapitän der Lifeline, Claus-Peter Reisch, zur Zahlung einer Geldstrafe von 10.000 Euro mit der Begründung, das Schiff sei in den Niederlanden nicht ordnungsgemäß registriert gewesen.

Das vor wenigen Tagen vom Bundestag beschlossene „Hau-Ab-Gesetz“ stellt einen massiven Angriff auf die Rechte Schutzsuchender dar: Asylsuchende sollen zwingend bis zu 18 Monate (teils länger) in Lagern untergebracht werden, bereits nach 30 Tagen sollen Ausreisepflichtige in Abschiebehaft genommen werden, auch gemeinsam mit Strafgefangenen. Leistungen sollen gekürzt und teilweise ganz gestrichen werden. Arbeitsverbote sollen ausgeweitet werden. Ein neuer Status der „Duldung light“ soll geschaffen und dadurch Integration aktiv verhindert werden. Abschiebungstermine sollen zum „Dienstgeheimnis“ erklärt werden. In atemberaubenden Tempo werden Gesetze erlassen, die das Grundrecht auf Asyl immer weiter aushöhlen.

Deutschland und die EU schaffen ganz direkt neue Fluchtursachen, anstatt sie zu beheben. Nicht die Flucht der Menschen ist ein Verbrechen, sondern die Politik des „Friedensnobelpreisträgers“, die Flüchtlinge schafft und flüchtende Menschen dann ertrinken lässt oder libysche Folterlager finanziert.

Die europäische und deutsche Rüstungsindustrie setzt durch Geschäfte mit kriegführenden Staaten Milliarden um, bestehende Exportverbote werden durch die Verlagerung der Produktion in Drittstaaten umgangen. Das Düsseldorfer Unternehmen Rheinmetall beliefert Saudi-Arabien über ein südafrikanisches Tochterunternehmen mit Waffen, die im Krieg gegen den Jemen zum Einsatz kommen. Dieser wird von den Vereinten Nationen als “schwerste humanitäre Krise der Gegenwart” eingestuft.

Zusätzlich überschwemmt die Europäische Union mit hochsubventionierten, also mit öffentlichen Mitteln geförderten, landwirtschaftlichen Produkten die Märkte in Afrika. Vielerorts ist Gemüse, das in Europa gezogen wurde, günstiger als das aus heimischem Anbau. Bäuerinnen und Bauern in Kenia oder Haiti, die diesem europäischen Agrardumping nichts entgegenzusetzen haben, müssen aufgeben. Ihnen bleibt dann oft nichts anderes, als in die Städte abzuwandern. Mitverantwortlich für die Landflucht sind Konzerne, die sich die fruchtbarsten Agrarflächen aneignen. Riesige Plantagen, die oft durch die Abholzung von Regenwäldern entstehen, dienen der Herstellung von Biosprit oder Palmfett – Produkte, die „wir“ benötigen, nicht aber die Menschen vor Ort. Auch bei diesen Geschäften geht die lokale Bevölkerung meist leer aus, mehr noch: Sie verliert ihre bisherige Existenzgrundlage. Die Welt ist also nicht nur näher zusammen gerückt – sie ist gleichzeitig gespaltener denn je: Hier der reiche globale Norden mit seiner wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Übermacht, dort der globale Süden mit seinen Zonen des Elends, der Chancenlosigkeit und Ausgrenzung.
Rechte Parteien wie die sogenannte “Alternative für Deutschland” und rassistische Bewegungen wie “PEGIDA” und die “Steeler Jungs” in Essen mobilisieren nicht nur auf der Straße, sondern treiben auch die “gesellschaftliche Mitte” immer weiter in ihre Richtung.
Wollen wir in Europa die Bewohnerinnen und Bewohner einer Festung sein, die sich mit Mauern und Zäunen verteidigt? Oder wollen wir in einem Gemeinwesen leben, das auf Solidarität und Empathie aufbaut? Sind wir bereit, anderen Schutz zu gewähren und ein Leben in Frieden und Sicherheit nicht nur für uns zu beanspruchen?
Den Menschenrechten zufolge hat jeder Mensch das Recht auf ein Leben in Sicherheit und Würde. Schließlich kann niemand etwas dafür, in welche Lebensverhältnisse er oder sie hineingeboren wird, ob in Wohlstand oder Armut, in Frieden oder Krieg, in Demokratie oder Diktatur. Daher ist es kein Akt der Wohltätigkeit oder der Gnade, Menschen in Not beizustehen. Es ist nichts anderes als das Recht der anderen ebenso anzuerkennen wie das eigene. Darauf verzichtet die europäische Union und verschärft stattdessen die Grenzkontrollen.
Aber nur legale Fluchtwege- wie zum Beispiel ein europäisches Seenotrettungsprogramm können das Sterben an Europas Grenzen beenden.

Wir gehen auf die Straße für grenzenlose Solidarität mit Geflüchteten, in Steele, Essen und weltweit!

Around 69 million people worldwide are fleeing. The European policy of isolation in the Mediterranean Sea kills people every day who are forced to leave their homes by war, violence, displacement, poverty and, increasingly, the consequences of the climate catastrophe. They die on the „deadliest border in the world“ or end up in camps in Libya, where they are threatened with torture, rape and deportation. The European governments are not only watching this inactively, but they are also cutting back or completely cancelling the funds for state aid programmes. In addition, aid organisations are criminalised, combated and actively hindered in their work in the humanitarian and international emergency at sea rescue.

Italy’s judiciary accuses helpers, e.g. Iuventa captain Pia Klemp is threatened with up to 20 years imprisonment. A new law will prohibit rescue ships from sailing in Italian waters. Violations will result in penalties of up to 50,000 euros. A court in Malta sentenced the captain of the Lifeline, Claus-Peter Reisch, to pay a fine of 10,000 euros on the grounds that the ship had not been properly registered in the Netherlands.

The „Hau-Ab law“ passed by the German Bundestag a few days ago represents a massive attack on the rights of those seeking protection: Asylum seekers must be accommodated in camps for up to 18 months (in some cases longer), and those obliged to leave the country are to be taken into custody for deportation after only 30 days, even together with prisoners. Benefits are to be reduced and partly cancelled completely. Work bans are to be extended. A new status of „toleration light“ is to be created and integration actively prevented. Deportation dates are to be declared „official secrets“. At a breathtaking pace, laws are being passed that are increasingly undermining the basic right to asylum.

Germany and the EU are directly creating new causes of flight instead of eliminating them. It is not the flight of people that is a crime, but the policy of the „Nobel Peace Prize Laureate“, who creates refugees and then lets fleeing people drown or finances Libyan torture camps.

The European and German arms industry generates billions by doing business with warring states, and existing export bans are circumvented by relocating production to third countries. Through a South African subsidiary, the Düsseldorf-based Rheinmetall company supplies Saudi Arabia with weapons used in the war against Yemen. The United Nations classifies this as the „most severe humanitarian crisis of our time“.

In addition, the European Union is flooding the markets in Africa with highly subsidized agricultural products, i.e. products subsidized with public funds. In many places, vegetables grown in Europe are cheaper than those grown locally. Farmers in Kenya or Haiti who have nothing to oppose this European agricultural dumping must give up. They often have no choice but to migrate to the cities. Companies that acquire the most fertile agricultural land are jointly responsible for the rural exodus. Huge plantations, often the result of the deforestation of rainforests, are used to produce biofuel or palm oil – products that „we“ need, but not the local people. The local population is also usually left empty-handed in these businesses, and even more so: they are losing their previous livelihoods. The world has therefore not only moved closer together – it is also more divided than ever: here the rich global North with its economic, political and cultural superiority, there the global South with its zones of misery, lack of opportunities and exclusion.

Right-wing parties like the so-called „Alternative for Germany“ and racist movements like „PEGIDA“ and the „Steeler Jungs“ in Essen are not only mobilizing on the streets, they are also driving the „social center“ further and further in their direction.

Do we in Europe want to be the inhabitants of a fortress that defends itself with walls and fences? Or do we want to live in a community based on solidarity and empathy? Are we prepared to protect others and not just claim a life of peace and security for ourselves?

According to human rights, every human being has the right to live in security and dignity. After all, no one can be held responsible for the living conditions in which he or she is born, whether in prosperity or poverty, in peace or war, in democracy or dictatorship. Therefore, it is not an act of charity or grace to help people in need. It is nothing other than to recognize the right of others as much as one’s own. The European Union is renouncing this right and is instead tightening up border controls.

But only legal escape routes – such as a European sea rescue programme – can end the death at Europe’s borders.
We take to the streets for boundless solidarity with refugees, in Steele, Essen and worldwide!

Join our protests: Thursday, 20 June from 19:00 at Kaiser-Otto-Platz in Essen Steele.