PM LSV-NRW: „Sekundarschule“ ist alter Wein in neuen Schläuchen
„Sekundarschule“ ist alter Wein in neuen Schläuchen –
SchülerInnen finden die „pädagogische Hochzeit“ nicht wirklich witzig !
Mit großem Erstaunen hat die LandesschülerInnenvertretung Nordrhein-Westfalen (LSV NRW) die plötzliche schulpolitische „Harmonie“ im Düsseldorfer Landtag zur Kenntnis genommen: Unter Aufgabe bisheriger Zielsetzungen ist die Landesregierung einen Kompromiss mit der CDU eingegangen, der hinter den Status quo ante zurückfällt. Statt der inklusiven und integrierten Ganztagsgesamtschule gibt es nun unter der Bezeichnung „Sekundarschule“ die leicht aufgepeppte „Hauptschule durch die Hintertür“. Gegen diese Entwicklung planen die Schülerinnen und Schüler massiven Widerstand.
Die LSV hätte es begrüßt, wenn die neue Gesetzgebung die UN-Forderung nach Inklusion konsequent aufgegriffen hätte. Ein umfassender Ansatz fehlt allerdings in der Gesetzesvorlage. Die gemeinsame Förderung, die behinderte SchülerInnen einschließt, wurde wieder verschoben.
Diese Förderung ist auch nicht dadurch zu erreichen, dass Haupt-, Real- und Gesamtschule zu einer Art Restschule zusammengelegt werden. Andererseits bleibt das Gymnasium der sozialen Elitebildung vorbehalten. Immer mehr Jugendliche fallen durch das Raster, die Perspektivlosigkeit nimmt zu. Nachhilfeinstitute haben Hochkonjunktur, weil das bisherige gegliederte Schulsystem sich als untauglich erwiesen hat.
Die LSV spricht sich explizit gegen die „neue“ Sekundarschule aus. Paula Klattenhoff, ehemaliges Mitlied des Landesvorstandes: „Wir wollen eine Schule für alle. Eine Schule, in der der Geldbeutel der Eltern nichts bedeutet. Eine Schule mit mehr Lehrern für kleinere Klassen. Wir wollen fürs Leben lernen und nicht für die nächste zentrale Prüfung, die Vergleichbarkeit vorgaukelt.“
Schulstreik als Abwehrkampf
Um sich gemeinsam gegen die aktuelle Bildungspolitik, die aus Sicht der LSV eine Sparpolitik ist, zu wehren, trafen sich in Köln mehr als 60 SchülerInnen, Studierende und Azubis auf einer bundesweiten Schulstreikkonferenz. Von Kiel über Berlin, Hamburg, Essen, Mainz, Stuttgart bis nach Nürnberg war man sich einig: „Ein neuer Bildungsstreik muss her, wir müssen weiter kämpfen!“
„Während Banken und Konzerne wieder Rekordgewinne verbuchen und die deutschen Kriegseinsätze Milliarden von Euros vernichten, kommt vom Aufschwung an unseren Schulen nichts an. Unsere Klassenzimmer verschimmeln, unsere Bücher zerfallen zu Staub, und die Bahnfahrt zur Schule wird immer teurer.“ So heißt es in der Resolution, die gemeinsam beschlossen wurde.
Ausgewertet wurden die vergangenen Bildungsproteste, die zu ihrem Höhepunkt im Juli 2009 an einem Tag 270.000 Menschen auf die Straßen brachten. Darauf aufbauend wurde eine Handlungsorientierung für einen neuen Bildungsstreik am 17. November 2011 erarbeitet.
Diesmal wollen die Initiatoren mehr an der Basis, also an Schulen, in SchülerInnenvertretungen, arbeiten und gleichzeitig die LehrerInnen mit ihrer Gewerkschaft GEW und Eltern ins Boot holen, um einen breiten Protest zu bilden.
In der Resolution heißt es: „Es ist an der Zeit, die Verhältnisse wieder mal zum Tanzen zu bringen!“ Dem kann Paula nur zustimmen: „Wir müssen alle gemeinsam auf die Straße gehen und unseren Forderungen Nachdruck verleihen. Wir als LandesschülerInnenvertretung sehen unsere Aufgabe in der Stärkung der Basis. Wir möchten Schülerinnen und Schülern die Augen öffnen, ihnen die Missstände unseres Bildungssystems aufzeigen und sie motivieren sich zu wehren, eigene Streikkomitees aufzubauen!“
Die zentralen Forderungen der Besucher der Konferenz richten sich gegen das gegliederte Schulsystem und für eine Schule für alle, sie verlangen 100.000 Neueinstellungen für mehr Lehrer und kleinere Klassen und richten sind gegen die Schulzeitverkürzung und durch die Bundeswehr initiierte Kriegspropaganda an den Schulen. Die Initiatoren riefen auf, um mehr Geld für Bildung zu kämpfen, und fordern volles Aktions- und Streikrecht für SchülerInnen, Studierende, Azubis und Lehrer.
Hannah Gnech, Schülerinsprecherin des Schillergymnasiums in Köln, in dessen Aula die Konferenz stattfand, ist empört: „Zu Beginn ihrer Legislaturperiode hat die Landesregierung von SPD und Grünen die Kopfnoten und die Studiengebühren abgeschafft. Wir sehen dies zwar als Erfolg der Bildungsstreikbewegung an, jedoch nicht als Grund sich zufrieden zu geben. Wir stecken immer noch in Abwehrkämpfen, wir dürfen uns das nicht weiter gefallen lassen! Ständig wird nach Gutdünken an unserem Schulsystem herumgebastelt und alle sind sich einig, dass man mehr Geld für die Bildung braucht. Letztendlich werden nur kostengünstige Veränderungen durchgesetzt und die Jugend hat weiterhin die Folgen der Krise zu tragen!“