Wind, Flaute oder Sturm

3.Mai 2011: Lesung und Geschichtskulturdebatte: Straßenkampf um Hans Marchwitza!

Veranstalter:
Buchhaus Altenessen und
Kreisverband Bündnis 90 / Die Grünen Essen

Hintergrund: https://www.linksdiagonal.de/hans-marchwitza/

am 3. 5. 2011 um 20.00 Uhr Buchhandlung am Karlsplatz
Altenessener Straße 448 45329 Essen Tel.: 0201 – 36599063

Keine Ehrung möglich für einen linken Bergarbeiterdichter?

Hans Marchwitza

Hans Marchwitza

Geschichts- und Literatur interessierte Menschen konnten sich seit Anfang April die Augen reiben, wie viel Emotion die Benennung einer kleinen Straße im Universitätsviertel nach einem links orientierten Arbeiterschriftsteller auslöst. Die Grüne Fraktion in der Bezirksvertretung I hatte mit dem bereits 1965 in Potsdam verstorbenen Schriftsteller Hans Marchwitza einen Vorschlag einge­bracht, der einstimmig in der BV I akzeptiert wurde.

Nun wurde dieses Verfahren vor der endgültigen Befassung im Hauptausschuss gestoppt. Einem Ratsmitglied der CDU und dem Chefredakteur des WAZ-Lokalteils erscheint es unzumutbar, einen Menschen zu ehren, der bis zu seinem Lebensende bekennender Kommunist geblieben war.

Da ist es höchste Zeit, einmal Originaltexte von Hans Marchwitza zu hören. Der Rüttenscheider Schriftsteller Ulrich Straeter übernimmt an diesem Abend die Aufgabe, eine Textauswahl vorzutra­gen. Die ZuhörerInnen sollten sich an diesem Abend durchaus ermuntert fühlen, über die Funktion und Reputation eines Arbeiters zu streiten, der in seinen späten Jahren auch ein Vorzeigeschriftstel­ler der DDR geworden war.

WAZ-Essen 28.4.2011 Ankündigung der Marchwitza-Lesung

WAZ-Essen 28.4.2011 Ankündigung der Marchwitza-Lesung

Die Namensauswahl ist vor allem deshalb so strittig geworden, weil Hans Marchwitza auch Kultur­funktionär der DDR wurde. In seinen Büchern der Dreißiger und Vierziger Jahre befasste er sich z.B. ausführlich mit den Arbeitsmigranten und schon einheimischen „Malochern“ im Ruhrgebiet. Bei Marchwitza können wir vom Widerstand gegen den rechten Kapp-Putsch von 1920 lesen und überhaupt vom Kampf gegen unerträgliche Lebensbedingungen in unserer Stadt.

1933 allerdings verboten die Nationalsozialisten seine Bücher und trieben ihn ins Exil, erst in die Schweiz und später nach Frankreich. Zeitweilig war Hans Marchwitza am Kampf der Internationa­len Brigaden beteiligt, die letztlich erfolglos versuchten, die spanische Republik gegen die Militär­diktatur des General Franco zu verteidigen.

1941 gelang dem damals in Frankreich internierten aus Hitlerdeutschland schon ausgebürgerten Schriftsteller die Flucht in die USA. Als er 1946 bei der Rückkehr aus seiner letzten Exilstation New York nach Stuttgart in die amerikanische Besatzungszone Deutschlands einreiste, hielt er es dort nur wenige Monate aus. Dass Marchwitza im stetig schärfer werdenden „Kalten Krieg“ als lin­ker Arbeiterschriftsteller mit offenen Armen in der späteren DDR empfangen wurde, machen wir ihm nicht zum Vorwurf. Ob er allerdings bei den vielen falschen Entwicklungen in der DDR der fünfziger Jahre zu oft weggesehen hat, das wissen wir nicht.

Wir freuen uns auf einem spannenden, wie aufklärenden Abend!


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