Wind, Flaute oder Sturm

CAMPACT-Wahlempfehlung stößt auf Widerspruch:

Torsten Sewing schrieb auf Facebook einen engagierten Widerspruch zu einer Wahlempfehlung von CAMPACT nur Parteien zu wählen, die auch Aussicht darauf haben ins Parlament zu gelangen. Er sagt, dass die Parteien gewählt werden sollten, die einen überzeugen, und nennt als Beispiel die „DiB“, die ich nicht gut kenne. Ich teile aber sein Plädoyer gegen „taktische“ Erwägungen bei der Wahl.

Hier über eine Partei, die ich favorisiere:

Torsten Sewing schrieb: „Wenn du magst, kannst du diesen post übrigens gerne teilen. Er ist öffentlich“

Gesagt getan:
aus Facebook

www.CAMPACT.de hat gestern eine mail an 4 oder 5 Millionen email-Adressen geschickt, in der ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass man doch bitteschön keine kleinen Parteien wählen dürfe, wenn man der AfD die Stirn bieten wolle. Kein Wort davon, dass schon die höhere Zahl der Stimmen das Gewicht zu Ungunsten der AfD verschiebt (vereinfacht gesagt: wenn die AfD 10 Stimmen von 100 bekommt, erhält sie 10% im Parlament; wenn sie 10 Stimmen von 101 bekommt, sind das eben keine 10% mehr). Kein Wort auch davon, dass kleine Parteien eine mittelfristige Alternative sein können – gerade nachdem die „etablierten“ Parteien (wer sonst?) dafür verantwortlich zu machen sind, dass jetzt wieder Nazis ins Parlament einziehen.

Hier hat sich eine überaus lesenswerte Diskussion entwickelt: https://perspective-daily.de/article/353/8iPQ1qA9…

Die Antwort der #DiB Demokratie in Bewegung (einer „Kleinpartei“) findet ihr hier: https://bewegung.jetzt/2017/09/21/mutig-waehlen/ (Offenlegung: Ich habe in der vergangenen Woche mit #DiB www.liebe-statt-hass.de organisiert und hatte einen Riesenspaß)

Wie auch immer, nach der CAMPACT-mail platzt mir grad der Kragen. Diese ganze Diskussion über „strategisches“ (eigentlich ja taktisches, aber never mind) Wählen kotzt mich an.

Leute! Hört auf euer Herz und Hirn. Und meinetwegen noch auf den Wahl-O-Mat. Wenn alles euch sagt, euer Kreuz bei Grün in Erwartung von Schwarz-Grün zu machen, wenn euch also Palmer und Kretschmann sympathisch genug sind, dass ihr ihnen Vorschusslorbeeren für 4 Jahre geben wollt, dann tut das. Wenn ihr meint, dass es nicht so schlimm ist, dass die Linke, sobald sie mal in der Regierung sitzt, sich für Braunkohleabbau in der Lausitz einsetzt — hey ho, let’s go! Und wenn ihr meint, dass Schulz eigentlich ein netter Kerl ist, mit dem gut Kirschenessen sein muss und dass Nahles als Kanzlerin post-Schulz (denn er schafft es nicht…) die Richtige ist, go on!

Nur bitte, CAMPACT, Perspective Daily und was sonst noch an „Wahlempfehlungen“ rumschwirrt: versucht doch bitte nicht, die Meinungsvielfalt mit einem „strategischen“ Argument zu unterdrücken.

Ganz abgesehen davon führt der Einzug der AfD dazu, dass die Regierungsmehrheit gesenkt wird: Da die Rechtspopulisten nicht koalitionsfähig sind (es sei denn, die CDU will bei der nächsten Wahl 10% verlieren. So machthungrig kann man nicht sein, oder?), sinkt sie um den Betrag, den die AfD von 100% abzieht. Wenn sie also mit 15 – 20% einzieht – und das ist wohl zu erwarten, weil erfahrungsgemäß in Umfragen gerade am rechten Rand nicht die Wahrheit gesagt wird und z.B. auch eine Reihe von Altlinken die Nazis wählen werden (ich erinnere an Slavoj Zizeks Position zu Trump) – wenn sie also mit 15-20% einzieht, beträgt die Regierungsmehrheit schlimmstenfalls 80/2, also 40%.
(es ist tatsächlich sogar NOCH weniger, ich vernachlässige mal „Sonstige“ wie Die Partei etc..)

Und jetzt kommt ein interessanter Punkt: Eine weitere Partei am linken Rand könnte dies erreichen – indem sie Nichtwähler mobilisiert. SPD 20, Linke 10, Grüne 8, xxx 5.

Nicht für diese Wahl, vermutlich. Aber für die nächste, in ca. 6 Monaten, wenn ein Misstrauensvotum die Regierung zu Fall gebracht hat (weil auch in der CDU kluge Köpfe sind, die wissen, dass die Partei eine Konsolidierung braucht).

Dennoch, und das regt mich so auf: Die kleinen Parteien (und ja, ich rede von der #DiB und nicht von „Die Partei“, deren Neue-Frankfurter-Schule-Zynismus ich – bis auf Robert Gernhardt, der einfach eine Klasse für sich war – immer schon zum Kotzen fand) brauchen eine Parteienfinanzierung für ihre weitere Arbeit. Übrigens: das ist kein geschenktes Geld sondern „matched funding“ – es wird nur bis zu der Höhe bereitgestellt, zu der die Partei eigenes Geld auftreiben kann. Und das tut die #DiB ausschließlich, indem sie ihre Mitglieder um Spenden bittet. Es gibt nicht einmal ein SEPA-Formular oder „Abo“, das sei mal in Richtung von you know who gesagt.

Und da kommen CAMPACT, Perspective Daily und andere und exerzieren vor, was die Linke immer schon am besten konnte: sich selbst zu zerlegen. Aber bitte konstruktiv und mit Begründung „Kampf gegen Rechts“. Anstelle mal einen Blick aufs größere Ganze zu wagen: Es ist ziemlich Wurst, ob ich meine Stimme im Parlament repräsentiert finde oder mich für eine Partei entscheide, die (noch) nicht im Parlament vertreten sein wird. Wir müssen uns parlamentarisch und außerparlamentarisch mit Nazis auseinandersetzen, und das wird anstrengend genug und erfordert Bündnisfähigkeit jenseits des Parlaments. Nicht Wurst ist allerdings, dass wir im Parlament alternative Positionen und damit auch Parteien benötigen – schau dir (DU, ja, DU bist gemeint) doch mal die Initiativen an, die die #DiB am Start hat. Du wirst vermutlich ebenso überrascht sein, wie beim Wahl-O-Mat Ergebnis: ist die #DiB bei dir auch ganz oben erschienen? Wenn ja, dann schlage ich vor, sich einfach mal daran zu halten und entsprechend zu wählen.

Wenn jeder das tut, kommt die #DiB schon jetzt über 5%. Und das gilt vor allem, wenn Nichtwähler zur Wahl gehen.

Und wenn nicht, dann eben nach dem erfolgreich von SPD und Linke eingebrachten Misstrauensvotum! In spätestens 6 Monaten. Denn den Chaos-Bundestag unter AfD-Beteiligung möchten wir uns nicht antun. Bodo Ramelow kann davon ein Lied singen.

Daher hier in diesem langen (sorry) Post endlich der Call to Action:

Fragt eure Freunde, Nachbarn, die Leute in der Schlange im Supermarkt, wen auch immer – fragt heute mindestens 10 Leute:

1. Gehst du am Sonntag zur Wahl?
2. Weißt du schon, wann?
3. Was machst du vorher?
4. Wie kommst du hin?
und als Bonusfrage:
5. Kennst du den Wahl-O-Mat? Wenn nicht: Spiel das mal durch, nimm die etablierten Parteien, aber kreuz auch mal auch einige von den „kleinen“ an – #DiB Demokratie in Bewegung.

Alles klärchen? 🙂

Wenn du magst, kannst du diesen post übrigens gerne teilen. Er ist öffentlich.

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