Wind, Flaute oder Sturm

Erklärung gegen die Kriminalisierung der Essener Antikriegstagsaktion

An die demokratische Öffentlichkeit

Gemeinsame Erklärung gegen die Kriminalisierung der Essener Antikriegstagsaktion

Die an der Antikriegstagsaktion am 1. September 2022 in Essen beteiligten Initiativen und Organisationen haben eine gemeinsame Erklärung gegen die Kriminalisierung der Antikriegstagsaktion durch das Polizeipräsidium Essen und die Justiz veröffentlicht. Sie richtet sich an die Medien und die demokratische Öffentlichkeit.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde, am 1. September 2022 fand erfolgreich eine gemeinsame Kundgebung und Demonstration eines breiten Bündnisses anlässlich des Internationalen Antikriegstages statt. Bereits vor der Aktion kam es zu erheblichen Behinderungen und Repressalien seitens der eingesetzten Polizeikräfte. Diese wurden während der Aktion und mit der Einleitung von Straf- und Ermittlungsverfahren gegen Beteiligte weiter intensiviert. Die Anmelderin der Aktion erhielt jetzt eine Vorladung seitens der Staatsschutzabteilung des Polizeipräsidiums Essen wegen angeblichen strafbaren Verstößen gegen das Versammlungsgesetz. Gegen einen jungen Teilnehmer läuft bereits ein Strafverfahren vor Gericht, um ihn zu verurteilen.

Die an der gemeinsamen Aktion beteiligten Organisationen protestieren gegen diese Kriminalisierungen seitens des Polizeipräsidiums Essen und fordern die sofortige
Einstellung der Verfahren! Wir werden den Angriff auf unser Versammlungsrecht und die Meinungsfreiheit zurückschlagen und sagen jeglicher Kriminalisierung der Kritik am imperialistischen Kriegskurs der Bundesregierung und der Rechtsentwicklung und Faschisierung des Staatsapparates den Kampf an. Die Betroffenen haben unsere volle Solidarität!

Am 1. September 2022 erinnerten bis zu 250 Menschen mit einer Kundgebung und Demonstration in der Essener Innenstadt an den Beginn des Zweitern Weltkriegs. Unter dem Motto „Gegen Kriege überall auf der Welt und die Abwälzung der Krisenlast auf unserem Rücken!“ stellte ein breites Bündnis von 16 Organisationen dabei den Bezug her zum heutigen Kampf gegen die Rechtsentwicklung, Faschismus und Krieg.

Dies war der Polizei in Essen offensichtlich ein Dorn im Auge. Eine überforderte Polizeibeamtin, die den Kontakt zur Versammlung halten sollte, agierte hektisch und aggressiv. Sie drohte von der ersten Minute an mit der Auflösung der angemeldeten Versammlung. Es wurde versucht, Vorwände dafür zu provozieren, was jedoch durch das
disziplinierte Verhalten der Teilnehmer nicht gelang. So wurde gegenüber zwei jungen Teilnehmern ein angeblicher Verstoß gegen das sogenannte Vermummungsverbot konstruiert. Obwohl diese Kopfbedeckung und Corona-Masken trotz der Kälte abnahmen und ihre Personalien angaben, wurden sie zur Polizeiwache abgeführt. Der anwesende Rechtsanwalt Roland Meister, der gegen diese Maßnahmen intervenierte, wurde körperlich attackiert. Lediglich die Tatsache, dass das Vorgehen der Polizei durch Umstehende gefilmt wurde und die Versammlung besonnen reagierte, verhinderte die offensichtlich beabsichtigte weitere Eskalation.

Diese skandalösen Übergriffe wurden bei der Kundgebung von mehreren Rednern scharf kritisiert. Die festgenommenen Jugendlichen wurden später wieder freigelassen. Jetzt erhielt die Anmelderin der Versammlung eine Vorladung seitens des Staatsschutzes des Polizeipräsidiums Essen, weil sie gegen das Versammlungsgesetz verstoßen haben soll. Ernsthaft wird ihr vorgeworfen, dass sie als Leiterin der Versammlung zugelassen habe, dass bei den Kundgebungsreden die Polizeiübergriffe kritisiert und sich mit Polizeigewalt und faschistischen Tendenzen in der Polizei auseinandergesetzt worden sei. Damit sei sie vom Anmeldungsthema abgewichen!

Erst kürzlich war das Polizeipräsidium Essen/Mülheim wegen faschistischer und rassistischer Netzwerke bundesweit in den Schlagzeilen. Sieht so die von Innenminister Reul angekündigte „rücksichtslose Aufklärung“ aus? Das Vorgehen des Staatsschutzes Essen drückt doch aus, dass Kritiker dieser Zustände mundtod gemacht und kriminalisiert
werden sollen. Das ist nicht nur ein Angriff auf das Versammlungsrecht, sondern auch auf die Meinungsfreiheit!

Die Kriminalisierung geht jedoch noch weiter. So wurde der Versammlungsleiterin als strafbar vorgeworfen, es habe eine kurze Zwischenkundgebung vor dem Parteibüro der
GRÜNEN stattgefunden. Bei dieser Zwischenkundgebung wurde eine Partei entlarvt, die mit ihrer Politik wie den Waffenlieferungen für die ukrainische Regierung die Weltkriegsvorbereitung aktiv betreibt. Auch sei die Anmelderin nicht zu jeder Minute bei den Polizisten gewesen und es wäre der Verkehr beeinträchtigt geworden. Bei solchen „Argumenten“ ist mehr als offensichtlich, dass jegliche Kritik auch an künftigen Polizeieinsätzen kriminalisiert werden soll, wie jetzt im nachhinein die Anmelderin und die gesamte Aktion.

Die Essener Polizei übernimmt damit erneut eine besondere Rolle bei der verschärften Rechtsentwicklung nach innen und außen. Dieses Vorhaben zu Fall zu bringen, ist im Interesse aller demokratischen und antifaschistischen Kräfte. Wir rufen daher zur Solidarität auf und werden über weitere Schritte informieren.

Kontakt für Rückfragen und Solidaritätserklärungen:
ib-essen@gmx.de


Dokumentiert auch auf:

https://www.rf-news.de/2023/kw02/gemeinsame-erklaerung-gegen-die-kriminalisierung-der-antikriegstagsaktion-am-01-09-2022-durch-das-polizeipraesidium-essen-und-die-justiz

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