Wind, Flaute oder Sturm

Scheingefechte um die Wehrpflicht: IDK kündigt Widerstand gegen Wehrdienstreform an

Internationale der Kriegsdienstgegner*innen e.V. IDK

Pressemitteilung vom 15.10.2025

Scheingefechte um die Wehrpflicht
IDK kündigt Widerstand gegen Wehrdienstreform an


Zum Streit in der Regierungskoalition über die Wehrdienstreform erklärt die
Internationale der Kriegsdienstgegner*innen (IDK):


Mit ihrem öffentlichen Hickhack um das neue Wehrpflichtgesetz inszenieren SPD und Union nur ein Scheingefecht. Dabei wollen beide Seiten ein und dasselbe – und dasselbe Falsche: Die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht.
Weil das Grundgesetz ihnen dabei die Hände bindet, finden die Streithähne aus der selbstgewählten Quadratur des Kreises zwischen Pflicht und Freiwilligkeit nicht heraus. Die argumentative Not ist groß. Entsprechend originell sind die Pointen, die bei dieser Farce das Tageslicht erblicken. Eine Wehrpflicht-Lotterie steht im TOP-Ranking der Absurditäten bisher an erster Stelle. Aber noch ist das Theater ja nicht vorbei.

Für die Internationale der Kriegsdienstgegner*innen (IDK) ist klar: Wie auch immer dieses
Schauspiel ausgeht, ob Wehrpflicht „mit“ oder „ohne“ Zwang: Die IDK betrachtet das neue
Wehrdienstgesetz als Einstieg in die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Es bildet den bisher
sichtbarsten Eckstein einer unverhohlenen Re-Militarisierung unserer Gesellschaft und
bedeutet eine gefährliche Eskalation der Aufrüstungsspirale. Als überzeugte Pazifistinnen und
Pazifisten und konsequente Gegner alles Militärischen ist unsere Antwort auf diese Entwicklung
ein klares und entschiedenes Nein: Nein zu jeder Art von Zwangsdienst!

Nein zur „Wehrerfassung“! Nein zur „Zwangsmusterung“!
Nein zur Vergrößerung der Bundeswehr!
Nein zu jeder Kriegsvorbereitung!
Die IDK wird alles in ihren Kräften stehende tun, damit die Wehrdienstreform an der Verweigerung der Betroffenen und an der weitverbreiteten Skepsis in der Bevölkerung scheitert. Wir werden dafür werben und mobilisieren, dass die Zahl der Bundeswehrsoldaten nicht zu nimmt, sondern abnimmt.
Wir werden alle ermutigen und unterstützen, die sich dem Zwang zur Wehrerfassung und Musterung widersetzen wollen. Wir geben allen, die ihre Anerkennung als Kriegsdienstverweiger*innen beantragen, Rat und Hilfe. Wir sind solidarisch mit denen, die aufgrund ihrer Nichtzusammenarbeit mit dem Wehrdienstsystem verfolgt werden. Wir rufen alle, die von den Paragraphen des zukünftigen Wehrdienstgesetzes betroffen sind, zu einer Gewissensentscheidung auf:

 Prüft, ob Ihr ein kleines Rädchen in einer riesigen Militärmaschine sein wollt! Oder ob
Ihr selbstbestimmt und zivil für den Frieden arbeiten wollt!

 Prüft, ob Ihr Euer Wissen, Eure Fähigkeiten und Euer ganzes Leben in den Dienst
eines Systems stellen wollt, in dem Ihr lernen sollt, möglichst effektiv zu töten!

 Prüft, ob Ihr bereit seid, Euch Befehlen zu fügen, die gegen Euer Gewissen verstoßen können!

 Lasst Euch nicht blenden von blumigen Karriere-Versprechen: Professionelles Töten ist kein Handwerk wie jedes andere und kann es niemals sein!

Internationale der
Kriegsdienstgegner*innen e.V.
IDK

 Lasst Euch nicht einreden, Euer Dienst in der Bundeswehr sei zur Verteidigung
unserer Freiheit unabdingbar.

 Wenn Ihr Euch für zivilen Ungehorsam gegen Wehrerfassung und Musterung ent
scheidet, stehen wir an Eurer Seite!

 Macht Gebrauch von Eurem Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung: „Niemand
darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden“ (Art. 3,4 des GG)

Wir sind Pazifistinnen und Pazifisten, aber wir sind weder naiv noch verantwortungslos. Wir
verurteilen die Aufrüstung und expansive Hegemonialstrategie der NATO. Wir verurteilen den
brutalen und völkerrechtswidrigen Überfall Russlands auf die Ukraine, der Bedrohungsängste
in großen Teilen Europas ausgelöst hat.

Wir bestreiten nicht, dass sich vor diesem Hintergrund die politische Frage stellt,
wie unser Land sich auf eine denkbare militärische Aggression von außen vorbereiten soll.
Wir bestreiten jedoch, dass die Vorbereitung auf eine militärische Landesverteidigung,
also auf einen Krieg, alternativlos ist und im Übrigen angesichts der latenten Drohung mit Atomwaffen
überhaupt erfolgversprechend und ethisch verantwortbar sein kann.

Gerade das Beispiel der Ukraine zeigt, dass eine Verteidigung unter Aufbietung aller
konventionellen militärischen Mittel zwar legitim, aber nur möglich ist, wenn unzählige Opfer unter
Soldatinnen und Soldaten und Zivilisten sowie die großflächige Zerstörung von Städten und
Infrastruktur in Kauf genommen werden. Ist das Ziel diesen Preis wert? Diese Frage muss
jedes Land und jeder Mensch für sich selbst entscheiden. Unsere Antwort lautet: Nein.

Die Geschichte zeigt, dass es eine Alternative zur militärischen Verteidigung gibt: Dänen und
Norweger haben sie gegen die deutsche Besatzung ihres Landes im Zweiten Weltkrieg,
Tschechen und Slowaken gegen den Überfall der Warschauer-Pakt-Staaten 1968 eingesetzt
– allerdings spontan und ohne jede organisierte Vorbereitung.
Ihre Devise lautete: Ohne Waffen, aber nicht wehrlos.
Die Friedensforschung hat aus diesen und anderen Erfahrungen das Konzept der „Sozialen
Verteidigung“ entwickelt. Ihre „Waffen“ stammen aus dem Arsenal des zivilen, gewaltfreien
Widerstands: ziviler Ungehorsam, Nicht-Zusammenarbeit mit den Besatzern,
Demoralisierung und Neutralisierung der Besatzungstruppen, Nutzung aller technischen
und logistischen Möglichkeiten zur Obstruktion der Besatzungsmacht etc.
Wer Soziale Verteidigung als wirkungslose Träumerei abtut,
den erinnern wir an die Alpträume und die humanitären Katastrophen,
die mit militärischer Verteidigung stets verbunden sind!


Über die IDK
Die Internationale der Kriegsdienstgegner*innen (IDK) ist eine 1947 gegründete deutsche
Sektion der War Resisters’ International (WRI), dem weltweiten pazifistischen Netzwerk mit
Sitz in London. Zu ihren vorrangigen antimilitaristischen Aufgaben gehört seit jeher
die Beratung und Hilfe für Menschen, die Kriegsdienste verweigern. Beratungstermine sind – nach
vorheriger Terminvereinbarung – jederzeit möglich. Infos auf www.idk-info.net
Pressekontakt
Wolfram Beyer, Sprecher der IDK, Tel. 0151-59188100, Email: info@idk-berlin.de
IDK e.V. c/o Anti-Kriegs-Museum, Brüsseler Str. 21, 13353 Berlin

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