Wind, Flaute oder Sturm

Ein Jahrzehnt „Krieg gegen den Terror“. Und nun?

Wer die Bilder aus den Vereinigten Staaten auf sich einwirken ließ, sieht wie sehr diese Anschläge die Amerikanische Gesellschaft traumatisiert haben. Nicht unbegreiflich, denn auch mir stehen die Bilder der Flugzeuge, die sich in das World Trade Centre in New York bohrten noch klar vor Augen.

Die letzten zehn Jahre werden in den Geschichtsbüchern als das Jahrzehnt des Krieges gegen den Terror eingehen. Die Anschläge vom 11.September führten jedenfalls zu den grauenhaften Kriegen in Afghanistan und Irak, Kriege die die internationale Rechtsordnung auf grobe Weise aushöhlten und hunderttausende Opfer forderten.
Ein Krieg dem man mit Recht die Frage stellen kann, ob er mehr Leid als Gutes gebracht hat. Denn so scheußlich der Anlass auch war, Afghanistan und Irak boten das Schlachtfeld, wo Extremisten ihren Kampf gegen den – in ihrem Augen – großen Satan führen konnten: ihre Anzahl wuchs und wuchs.

Es ist genauso eine Frage inwieweit der Tod von Bin Laden eine definitive Wende sein soll. Terroristische Zellen haben die Eigenschaft keinen hierarchischen Apparat nötig zu haben, der sie anleitet. Im Gegenteil. Der fast in Vergessenheit geratene Bin Laden ist zum Märtyrer geworden und die Rache an seinem Tod beflügelt möglicherweise neue Generationen von Terroristen. Unsere moderne Gesellschaft ist und bleibt verwundbar, solange es Einzelpersonen gibt, die entschlossen sind, ihr eigenes Leben einzusetzen um Tod und Verderben zu sähen.

Gerade deshalb setze ich meine Hoffnung weniger auf US-Militär-Aktionen sondern eher auf die Menschen in der Arabischen Welt, die nun gegen Unterdrückung aufstehen und die Zukunft in die eigene Hand nehmen wollen, mit Transparenten und friedlichen Demonstrationen statt mit Soldaten und Gewehren.

Ein jahrelanger Mangel von Perspektiven auf ein besseres Leben und jahrzehntelange Unterstützung von Diktatoren, die ihre eigene Bevölkerung unterdrückten, bilden den Nährboden für antiwestlichen Terrorismus der nichts und niemanden verschont.

Lasst uns daher Lehren aus der vergangenen Periode ziehen und die demokratischen Bewegungen in den arabischen Ländern, die protestierenden Bürger zum Beispiel in Tunesien, Ägypten, Libyen, Syrien und Jemen unterstützen. Sie sind die wahren und würdigen Streiter für eine menschenwürdige Zukunft. Nur so können wir das Jahrzehnt des Krieges gegen den Terrorismus hinter uns lassen und Raum geben für ein Jahrzehnt der Demokratisierung des Mittleren Ostens. Nur so nehmen wir Terroristen wie Bin Laden definitiv den Wind aus den Segeln.

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