Wind, Flaute oder Sturm

Flüchtlingsrat gegen Wohnsitzauflage

24.09.16 – Flüchtlingsrat gegen Wohnsitzauflage
Gegen eine Wohnsitzauflage für anerkannte Flüchtlinge in Baden-Württemberg hat sich der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg ausgesprochen. Starr gleichmäßig im Land zu verteilen „mag rein rechnerisch gerecht sein, aber es ist nicht unbedingt ein guter Start in ein selbstbestimmtes Leben“ und „Wir lehnen es ab, wenn ein anerkannter Flüchtling nicht mehr frei wählen kann, wo er wohnt“. sagte die Vorsitzende Angelika von Loeper.
Quelle: Südwestpresse vom 24.09.2016
zitiert aus https://www.rf-news.de/2016/kw38/24.09.16-fluechtlingsrat-gegen-wohnsitzauflage

Dazu Monika Düker MdL GRÜNE in einem Rundbrief

Kommunalinfo: Wohnsitzzuweisung für anerkannte Flüchtlinge

Liebe Freundinnen und Freunde,

am 6. August ist das Bundesintegrationsgesetz in Kraft getreten. Damit einher gelten auch Regelungen zur Wohnsitzzuweisung von anerkannten Flüchtlingen. Wir möchten Euch deshalb über den aktuellen Sachstand informieren.

 

Was regelt der Bund? Was regelt das Land?

Die Wohnsitzregelung für anerkannte Schutzberechtigte besteht aus zwei Schritten. Im ersten Schritt werden Geflüchtete verpflichtet, ihren Wohnsitz für drei Jahre in dem Bundesland zu nehmen, in dem sie ihr Asylverfahren durchlaufen haben. Die Verteilung dafür erfolgt nach dem Königsteiner Schlüssel. In einem zweiten Schritt können die Bundesländer die anerkannten Flüchtlinge bestimmten Gemeinden zuweisen.

Die Wohnsitzregelung des Bundes

Mit dem Integrationsgesetz des Bundes, das am 6. August 2016 in Kraft trat, wurde auch der erste Schritt der Wohnsitzregelung wirksam (durch Einfügung des § 12a in das Aufenthaltsgesetz).

Betroffen sind Personen, die als Flüchtling im Sinne der Genfer Konvention oder als subsidiär Schutzberechtigte anerkannt worden sind oder denen aus völkerrechtlichen oder dringenden humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde. Diese Personen werden dazu verpflichtet, die ersten drei Jahre nach Anerkennung oder erstmaliger Erteilung der Aufenthaltserlaubnis in dem Bundesland zu leben, in dem das Asyl- bzw. Aufnahmeverfahren lief.

Ausgenommen sind Personen
  1. die einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen (Umfang: mindestens 15 Stunden pro Woche und ein Einkommen mindestens in Höhe des monatlichen durchschnittlichen Bedarfs nach SGB II für eine Einzelperson) oder Ehepartner*in, eingetragene*r Lebenspartner*in oder minderjähriges Kind dieser Person sind;
  2. die eine Berufsausbildung aufnehmen oder aufgenommen haben;
  3. die in einem Studien- oder Ausbildungsverhältnis stehen.

Diese Regelung gilt für all jene, die ab dem 1. Januar 2016 ihre Anerkennung beziehungsweise ihre Aufenthaltserlaubnis aus völkerrechtlichen oder dringenden humanitären Gründen erhalten haben. Diese rückwirkende Bundesregelung hat dazu geführt, dass Kommunen anerkannte Flüchtlinge daran hindern wollten, ihren Wohnsitz dort zu nehmen. Diese Kommunen verweigerten dann die Leistungen nach SGB II.

Für die letztgenannten Fälle wird es in absehbarer Zeit einen Erlass mit dem Ziel geben, solche Härtefälle zu vermeiden. Wir werden Euch den Erlass weiterleiten, sobald er vorliegt.

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Hier der angekündigte Entwurf einer Verordung zu diesem Gesetz: Auf das Titelbild klicken um den Entwurf herunter zu laden

Die Wohnsitzzuweisung des Landes

Das Integrationsgesetz des Bundes gibt außerdem den Rahmen vor, in dem die Länder den gleichen Personenkreis wie in der Bundesregelung (siehe oben) verpflichten können, in einer bestimmten Kommune ihren Wohnsitz zu nehmen. In Nordrhein-Westfalen haben wir uns als rot-grüne Koalition dazu entschlossen, eine Wohnsitzzuweisung einzuführen, um den Bedarf an Integrationsangeboten und -strukturen für die Kommunen planbarer zu gestalten und damit die Geflüchteten angemessen unterstützen zu können.

Das Kabinett hat eine Verordnung zur Umsetzung der Wohnsitzzuweisung erarbeitet und als Entwurf am 14. September in die Verbändeanhörung gegeben. Die Verbände können dann innerhalb von drei Wochen ihre Stellungnahme abgeben. Anschließend wird der Entwurf wieder im Kabinett beraten und dann beschlossen. Zum Schluss wird die Verordnung an das Parlament übergeben, das allerdings keine Mitsprachemöglichkeiten mehr hat, sondern die Verordnung sozusagen zur Kenntnis bekommt. Nach den bisherigen Planungen wird die Verordnung im Dezember in Kraft treten.

Inhalt des Verordnungsentwurfs

Wir möchten noch einmal darauf hinweisen, dass der hier vorgestellte Inhalt der Verordnung nicht endgültig ist, da es sich um einen Entwurf handelt.

Personenkreis

Der betroffene Personenkreis ist der gleiche wie im Integrationsgesetz des Bundes: Personen, die als Flüchtling im Sinne der Genfer Konvention oder als subsidiär Schutzberechtigte anerkannt worden sind oder denen aus völkerrechtlichen oder dringenden humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde plus deren enge Familienangehörige (damit Familien nicht auseinandergerissen werden).

Bei den Geflüchteten, die noch in einer Landeseinrichtung leben, greift die Wohnsitzzuweisung, wenn ihre Anerkennung erfolgt ist, so dass sie aus der Landeseinrichtung in die ihnen zugewiesene Kommune ziehen müssen.

Die Geflüchteten, die während ihres Asylverfahrens bereits einer Kommune zugewiesen wurden, müssen dort auch nach ihrer Anerkennung drei Jahre lang ihren Wohnsitz behalten. Damit wird eine Zweitverteilung vermieden.

Aufnahmepflicht der Gemeinden

Die Zuweisung der Geflüchteten auf die Gemeinden soll landesweit zentral durch die Bezirksregierung Arnsberg erfolgen. Die Gemeinden sind verpflichtet, die Geflüchteten aufzunehmen.

Nach welchen Kriterien wird verteilt?

Auf Basis der Daten von IT.NRW wird ein sogenannter Integrationsschlüssel berechnet, der als Grundlage für das Zuweisungsverfahren dient. Dieser baut auf dem Verteilungsschlüssel nach Flüchtlingsaufnahmegesetz auf. Hinzu kommt beim Integrationsschlüssel das Arbeits- und Ausbildungsplatzangebot. Zudem werden Kommunen mit Mietpreisbremse sowie mit einem überdurchschnittlichen Anteil an EU-Zuwander*innen aus den osteuropäischen Ländern im SGB II-Bezug entlastet.

Dieser Schlüssel wird gebildet aus:

  1. dem Einwohneranteil der Gemeinden an der Gesamtbevölkerung des Landes mit einem Anteil von 80 Prozent;
  2. dem Flächenanteil der Gemeinden an der Gesamtfläche des Landes mit einem Anteil von 10 Prozent;
  3. dem Anteil der als arbeitslos gemeldeten erwerbsfähigen Personen an der Bevölkerung der Gemeinden mit einem Anteil von 10 Prozent (dieser Anteil muss berechnet werden, da die Daten gemeindescharf nicht zur Verfügung stehen);

Der sich nach diesen Punkten gebildete Integrationsschlüssel verringert sich:

  1. um 10 Prozent bei Gemeinden, die nach Mietpreisbegrenzungsverordnung erfasst werden (Das sind Aachen, Bielefeld, Bocholt, Bonn, Brühl, Düsseldorf, Erkrath, Frechen, Hürth, Kleve, Köln, Langenfeld (Rheinland), Leverkusen, Meerbusch, Monheim am Rhein, Münster, Neuss, Paderborn, Ratingen, Sankt Augustin, Siegburg, Troisdorf.);
  2. um 10 Prozent bei Gemeinden, die einen mindestens 50 Prozent über dem Landesdurchschnitt liegenden Anteil von Personen aus den EU-Mitgliedstaaten Bulgarien, Estland, Kroatien, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Tschechische Republik, Slowakei, Slowenien und Ungarn haben, die Leistungen nach SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende) beziehen.

Zum letzten Punkt: In vielen Fällen verläuft die Integration in den Arbeitsmarkt der Personen aus den genannten Ländern ohne Probleme. Deshalb sollen nur diejenigen, die Leistungen nach SGB II erhalten, auf den Integrationsschlüssel angerechnet werden. Die Daten dafür werden allerdings erst ab dem Berichtsjahr 2017 erhoben werden und dann erst in der zweiten Jahreshälfte 2018 vorliegen.

Die Personen, die seit dem 1. Januar 2016 aus anderen Bundesländern zugewandert sind, obwohl sie dort einer Wohnsitzverpflichtung unterliegen, sollen bei der Zuweisung anhand des Integrationsschlüssels auf die Gemeinde angerechnet werden, in der sie aktuell ihren Wohnsitz haben.

Weitere Aspekte bei der Zuweisung

Grundsätzlich wird nach dem Integrationsschlüssel zugewiesen. Es sollen aber folgende Punkte bei der Zuweisung berücksichtigt werden:

  1. Haushaltsgemeinschaften von Ehegatt*innen, eingetragene Lebenspartnerschaften und Eltern und ihre minderjährigen ledigen Kinder sollen nicht getrennt werden (analog Integrationsgesetz des Bundes).
  2. Darüber hinaus sollen andere familiäre Bindungen berücksichtigt werden. Das betrifft v.a. Lebenspartner*innen, die nicht verheiratet oder verpartnert sind, Eltern und ihre volljährigen Kinder oder Geschwister untereinander bis zum Alter von 25 Jahren sowie pflegende Angehörige.
  3. Diejenigen anerkannt Schutzberechtigten, die bereits aus einer Unterkunft ausgezogen sind, sollen den Gemeinden, in denen sie tatsächlich wohnen, zugewiesen werden. Dadurch wird eine Zweitverteilung vermieden und der bereits begonnene Integrationsprozess nicht gestört.
  4. Bei jenen Personen, die vor Inkrafttreten des Bundesintegrationsgesetzes am 6. August 2016 anerkannt waren und ihren Wohnsitz bereits gewählt haben, soll auf eine Zuweisung verzichtet werden.

Weiterhin können im Einzelfall vorgetragene oder ersichtlich humanitäre Gründe berücksichtigt werden. Das kann z.B. der Kindergarten- oder Schulbesuch minderjähriger Kinder, die Betroffenheit von häuslicher oder sexualisierter Gewalt, der Bedarf an psychotherapeutischer und psychiatrischer Behandlung sowie die Zugehörigkeit zu einer besonders schutzbedürftigen Gruppe wie z.B. homosexuelle oder transsexuelle Menschen sein. Bei der Zuweisung von Personen dieser besonders schutzbedürftigen Gruppe sollen vor Ort befindliche spezielle Beratungs- und Selbsthilfestrukturen eine Rolle spielen.

Sollten sich im Laufe der Verbändeanhörung grundlegende Veränderungen ergeben, werden wir Euch informieren. Falls Ihr weitere Fragen habt, könnt Ihr Euch an die Mitarbeiterin für Integrations- und Flüchtlingspolitik unserer Fraktion, Cornelia Schröder (0211/884-2276, cornelia.schroeder@landtag.nrw.de), und uns wenden.

Monika Düker MdL

Sprecherin für Flüchtlingspolitik

 

Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
im Landtag NRW

Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf

Tel.: 0211 – 884 2204

Fax: 0211 – 884 3529

Monika.Dueker@landtag.nrw.de

Jutta Velte MdL

Sprecherin für Integationspolitik

 

Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
im Landtag NRW

Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf

Tel.: 0211 – 884 2118

Mobil: 0172 – 2545312

jutta.velte@landtag.nrw.de

www.jutta.velte.de

 

 

 

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