Wind, Flaute oder Sturm

Essen: Bürgerentscheid stoppt abenteuerliche Messe-Pläne

Korrespondenz (Essener Montagsdemo, 20.1.2014)

In Essen war am 19. Januar ein Bürgerentscheid zum Stopp der abenteuerlichen Messe-Ausbaupläne erfolgreich.

Mit 123 Mio sollte die größte städtische Investition seit 30 Jahren in Abriss und Neubau der halben Messe gesteckt werden. Die Mehrheit der Bürger glaubte nach den Erfahrungen mit Stuttgart 21 oder dem Berliner Flughafen nicht daran, dass das eingehalten wird. Zudem war beschlossen, dass jährlich 13,5 Mio für die Verluste der Messe aus der Stadtkasse aufgebracht werden sollten. Während Schulen, Straßen und Sportanlagen in der am höchsten verschuldeten Stadt Deutschlands verkommen und sogar eine Haushaltssperre besteht, sah die Mehrheit der Bürger nicht ein, dass für die selbstherrliche Politik der Stadtspitze und der Mehrheit der Ratsparteien im Interesse der Konzerne solche Summen eingesetzt werden, während ihnen das Sparen auferlegt wird.

Dieser Erfolg ist umso wichtiger, als die Messe-Lobbyisten, zu denen IHK, Unternehmerverbände und auch die Essener Gewerkschaftsführungen gehören, wirklich alles aufgeboten hatten, um die Menschen mindestens zu verunsichern. Sie hatten die Medien auf ihrer Seite, die vielfach gar nicht mehr versuchten, den Eindruck zu erwecken, sie seien unabhängig und überparteilich. Sie hatten reichlich finanzielle Ressourcen und zweckentfremdete Arbeitskraft von städtischen und Messeangestellten eingesetzt. Sie haben Horrorszenarien vom angeblichen Verlust tausender Arbeitsplätze und vom Versinken der ganzen Stadt in die Bedeutungslosigkeit an die Wand gemalt.

An Infoständen oder in Gesprächen am Arbeitsplatz war zu spüren, dass es bei den sogenannten „kleinen Leuten“ eine deutliche Stimmung gegen diese Messepläne gibt, und dass die Menschen sehr verärgert auf die penetranten Manipulationsversuche reagierten. So auf die Hetze, das sei nur im Interesse der „unterlegenen“ Parteien (Grüne, Linke und „Essen steht AUF“), während diese Pläne direkt auf Kosten der Daseinsvorsorge gehen und die Masse der Bürger betreffen.

Wenn Essens OB Reinhard Paß das Ergebnis des Bürgerentscheids arrogant als „Zufall“ bezeichnete, dann zeigt das nur, wie weit er von der Realität entfernt ist. Ansonsten wiederholte er nur die Litanei von der „komplexen Materie“, für deren Beurteilung das gemeine Volk nicht kompetent genug sei. Rücktrittsforderungen werden lauter.

Ein Sieg der kleinen Leute über die Arroganz der „Großkopferten“, der noch nachwirken wird. Das war einhellige Meinung bei der Essener Montagsdemonstration am Tage danach (20.1.2014).


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