Zinkhüttenplatz – Ideen statt Ausverkauf / Antwort Linksfraktion-Duisburg

Ideen statt Ausverkauf

Offener Brief an alle Entscheidungsträger in der Stadt Duisburg

Fakten zum geplanten Factory Outlet in Duisburg Hamborn:
Für einen Neuanfang in Sachen DOC. Innehalten prüfen und überlegen.
Von Stadtentwicklung, Demokratie und Partizipation der Bürger.

Duisburg, den 07.11.2012

Offene Antwort auf den Offenen Brief der Bürgerinitiative

Duisburg, den 13.11.2012

Offene Antwort auf den Offenen Brief der Bürgerinitiative
Zinkhüttenplatz vom 30.10.2012

Sehr geehrte Damen und Herren,

das geplante Factory Outlet in Hamborn hat sich zu einem politischen Streitfall entwickelt, der auch über unsere Stadtgrenzen hinaus Beachtung findet. Die damit verbundenen Fragen berühren neben Stadtplanung, Gewerbeansiedlung und Umweltschutz auch zahlreiche weitere kommunale Handlungsfelder. Ihr Offener Brief stellt insoweit einen Fortschritt dar, als dass er erheblich sachlicher war als so manche Ihrer Veröffentlichungen zuvor. Wir antworten gern darauf.

Lassen Sie uns zunächst noch etwas zum bisherigen Verlauf sagen. Das Vorhaben FOC wird seit fast 5 Jahren thematisiert. In unserer Ratsfraktion sowie in unserer Bezirksfraktion Hamborn haben wir uns intensiv damit befasst. Wir haben Recherchen zum Thema Outlets betrieben und uns mehrfach die Situation im Outlet Roermond angesehen. U.a. gab es Gespräche mit der dortigen Stadtverwaltung und der Outlet-Leitung. Mehrfach haben wir mit dem Entwickler des FOC gesprochen. Wir haben seit 2007 auf Ratsbeschlüsse eingewirkt, im Rahmen der Rot-Rot-Grünen Rathauskooperation Position bezogen und sind an der Begleitkommission beteiligt. Wir haben Gespräche mit Immeo geführt, mit der BI selbst und kennen die Situation in der Siedlung ganz gut.

Die bisherigen Gremienbeschlüsse zur Vorbereitung der Bauleitplanung wurden von unserer Ratsfraktion bzw. unserer Bezirksfraktion Hamborn einstimmig gefasst. Wir haben uns zu dem Thema des Öfteren öffentlich geäußert, u.a. in unserer Stadtzeitung Standpunkt, die seit vielen Jahren übrigens auch regelmäßig in der Zinkhüttensiedlung verteilt wird.

Wir stehen zu dem Vorhaben, weil wir es für sinnvoll halten, aber auch keine greifbare Alternative sehen, um in unseren hochverschuldeten Stadt Einnahmen zu generieren und Arbeitsplätze zu schaffen. Die Entwicklung des Duisburger Nordens mit hoher Dauererwerbslosigkeit, verbreiteter Sozialnot, zahlreichen Wohnungsleerständen und dem drohenden weiteren Arbeitsplatzverlust in der Stahlindustrie lässt uns wenig


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Spielraum. Wenn ein 120 Mio.-€-Vorhaben im Einzelhandel möglich wird, so wäre es unverantwortlich, dieses von vornherein zu zerreden oder gar zu verhindern. Selbstverständlich ist es in all seinen Aspekten zu prüfen und ist Einfluss auf seine Ausgestaltung zu nehmen. Eine Genehmigungssatzung wird in einem sehr aufwändigen Verfahren erarbeitet und nicht einfach „erteilt“. Nach derzeitigem Stand steht die Entscheidungsphase erst im Frühjahr an.

Das FOC ermöglicht außerdem, gewissermaßen im Paket, andere dringende Aufgaben sinnvoll mit zu lösen. Insbesondere geht es uns um die anderweitige Nutzung der beiden städtischen Altimmobilien – die stillgelegte Rhein-Ruhr-Halle und das seit rd. 10 Jahren stillgelegte, unter Denkmalschutz stehende Hamborner Stadtbad. Die Stadt hat noch nicht einmal das Geld, um diese abzureißen. Diese sollen nach jetziger Planung zum Teil in das FOC integriert werden. Das Stadtbad ist längst in der unmittelbaren Nähe durch einen Neubau ersetzt worden und die jetzt im Bau befindliche neue Vierfach-Sporthalle wird dringend benötigt für den Schul- und Vereinssport, sowie als Teil-Ersatz für die Rhein-Ruhrhalle, deren Komplettsanierung und weiterer Betrieb für die Stadt unbezahlbar geworden war. Des Weiteren ist die Aula im nahegelegenen ehemaligen Clauberg-Gymnasium (jetzt Gesamtschule Emschertal) renoviert, umgebaut und neu bestuhlt worden. Sie wird gerade rechtlich von einer Schulaula in eine allgemeine Veranstaltungshalle umgewidmet. Auch sie kann öffentlich genutzt werden.

Alle bisherigen Verfahrensschritte zur baurechtlichen Vorbereitung des FOC sind in öffentlichen Sitzungen beschlossen worden. Die entsprechenden Drucksachen stehen abrufbar auf der Website der Stadt Duisburg. Die Bürgerbeteiligung wurde am 2.3.2012 förmlich begonnen. Weitere Termine werden folgen.

Wir möchten hier nochmals betonen, dass wir die späte Information von Immeo an die Mieter nach Abschluss der Ausschreibung durch den Rat bedauern. Es steht außer Zweifel, dass dies vor allem für langjährig ansässige Mieter schwer zu verkraften war und zu einer starken Emotionalisierung des Konflikts geführt hat. Andererseits haben wir bisher keine ernst zu nehmenden Hinweise darauf, dass sich Immeo nicht an den Ratsbeschluss von Rot-Rot-Grün vom Herbst letzten Jahres halten würde, mit dem Immeo und Investor aufgegeben wurde, die erforderlichen Umzüge so fair, einvernehmlich und so sozial verträglich wie möglich durchzuführen. Vernünftige und bezahlbare Wohnverhältnisse sind ein hohes Gut. Wir verfolgen den Fortgang der Umzüge einschl. der angebotenen Alternativwohnungen, Mieten und Umzugshilfen ständig. Hier allerdings von „Vertreibung“ oder gar „Terror“ zu reden, ist einfach nicht in Ordnung. Wer übrigens die Augen davor verschließt, dass gerade die vielen älteren Mieter in Wohnungen wechseln konnten, die altengerecht(er) sind, energetisch besser ausgestattet usw., der spielt mit den Menschen. Selbst auf Nachbarschaften wird Rücksicht genommen, wenn diese im neuen Wohnumfeld zusammen bleiben wollen. Die allermeisten Umzüge finden innerhalb des Stadtbezirks statt. Von einer „Zerstreuung in alle Winde“ kann überhaupt nicht die Rede sein. Angesichts der massiven Vorwürfe, die Sie als BI bisher erhoben haben bzw. die Außenstehende meinen machen zu müssen, die sich angeblich um das Wohl Duisburgs sorgen, sowohl was die Vorbereitung und Durchführung der Umzüge und die alternativen Wohnungen betrifft, warten wir bisher vergeblich auf handfeste Beweise.

Wir teilen allerdings nicht die Position, dass vom Grundsatz her jede Wohnung und jeder Wohnbereich für stadtplanerische Vorhaben und wichtige Investitionen tabu ist. Das wäre das Ende jeder Stadtplanung. Die negativen Folgen daraus würden jeder Stadtpolitik früher oder später wieder auf die Füße fallen. Man würde ihr dann ebenfalls – aber in diesem Fall zu Recht – Versagen vorwerfen. In Duisburg sind in den vergangenen 30 Jahren sehr viele Häuser abgerissen worden, um andere wichtige Projekte zu realisieren, Gewerbeansiedlungen zu ermöglichen, die vielen Nahtstellen zwischen Industrie und Wohnbebauung zu


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entzerren oder Slum-Bildung zu vermeiden. In aller Regel sind die Umzüge human gelaufen. Unsere Stadt hat außerdem derzeit zwischen 15.000 und 18.000 Wohnungsleerstände, das Mietniveau ist vergleichsweise niedrig. Die Einwohnerverluste – insbesondere aufgrund der hohen Dauerarbeitslosigkeit – halten an. Ein Wohnungswechsel fällt unter diesen Umständen leichter als z.B. in Düsseldorf.

Nun zu einer Reihe von Vorwürfen im Einzelnen:

– Vorhaben-Erweiterung
Seit Jahren hatten wir Hinweise darauf, dass der FOC-Entwickler auch mit Nachbargrundstücken liebäugelte,

u.a. mit den benachbarten Schulgrundstücken des früheren Clauberg-Gymnasiums, mit Grillo-Grundstücken usw. Das konkretisierte Interesse des Entwicklers an dem Immeo-Grundstück war uns während des rechtlichen Verfahrens der Ausschreibung bekannt geworden. Unser erweiterter Fraktionsvorstand hat darüber nach Abschluss der Bewerbungsfrist am 23.08. im September 2011 – also noch vor dem formellen Ratsbeschluss zum Abschluss der Ausschreibung im Oktober – mit dem Entwickler gesprochen. Diese Frage war aber rein privatrechtlicher Natur. Die langen Verhandlungen zwischen DOUVIL und Immeo hätten sich genauso gut zerschlagen können. Ein anderer Investor hätte das Ausschreibungsverfahren für sich entscheiden können, der sich für sein FOC-Vorhaben mit dem städtischen Grundstück zufrieden gegeben hätte. Deswegen war auch ein früherer Vertrag zwischen Immeo und DOUVIL nicht möglich. So what? Erst nachdem DOUVIL das Ausschreibungsverfahren für sich entschieden hatte, und erst nachdem der Entwickler dann mit Immeo handelseinig war, konnte das erweiterte FOC in die Beschlussvorlagen zur Flächennutzungsplanänderung Eingang finden. Was ist daran zu skandalisieren?

– Zu späte Information der Mieter
Immeo war in der Pflicht; zeitnah seine Mieter zu informieren. Dass dies erst nach über 14 Tagen stattfand und die Mieter die neue Lage zwischenzeitlich aus den Zeitungen erfuhren, war nicht irgendeiner „Feigheit“ geschuldet, sondern ein böser Kommunikationsfehler. Die Kritik an Immeo ist an dieser Stelle vollauf berechtigt und wird von uns geteilt.

-Runder Tisch
Die Bürgerbeteiligung bei der Bauleitplanung ist grundsätzlich im Baurecht und in der Gemeindeordnung geregelt. Die Bürgerbeteiligung hat begonnen und sie wird demnächst mit der Offenlage der kompletten Unterlagen – insbesondere auch der vielen erforderlichen Fachgutachten – fortgesetzt. Die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange steht bevor. Nach der Ausschreibung oder auch angesichts der fortgeschrittenen Zeit jetzt an einem Runden Tisch wieder auf „Null“ zu gehen und „ergebnisoffen“ zu diskutieren, wie es die BI verlangt, verkennt völlig die Situation. Das würde auf eine völlige Chaotisierung hinauslaufen – mit schwerwiegenden Folgen: Bald sind 2/3 der betroffenen Mieter ausgezogen und anderweitig in neue Mietverhältnisse eingetreten. Sollen sie zurück, oder welches Ziel verfolgt die BI? Was soll mit den beiden städtischen Immobilien geschehen, die zunehmend verwüstet und ausgeplündert werden? Der Entwickler hat erhebliche Aufwendungen (Gutachten, Umzüge, Beratungskosten usw.) gehabt. Dafür trägt er zwar das Risiko im Vorbereitungsstadium der Baugenehmigung, aber ein mutwilliger Abbruch der bisherigen Planungsschritte würde die Stadt und zentrale Akteure in eine dramatische Lage bringen. Mit rechtlichen Auseinandersetzungen und ggfs. Schadensersatzansprüchen müsste gerechnet werden. Andere Investoren (nicht nur für das FOC – Vorhaben) würden künftig einen Bogen um Duisburg machen. Immeo wird sehr


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wahrscheinlich den Verkauf der Siedlung vorantreiben. Auch die zu vermutende Schadstoffbelastung der Böden bleibt weiter bestehen.

– FOC schädigt Einzelhandel
Die Auswirkungen eines FOC sind durch Einzelhandelsgutachten bewertet worden. Die Zahlen sind der BI bekannt, das Gutachten im Internet einsehbar (Stadt + Handel, Dortmund). Es ergänzt das umfangreiche Einzelhandelsgutachten der Stadt, auf dessen Basis Hamborn als zweites Hauptzentrum definiert wurde. Die Behauptungen der BI, dass insbesondere die Läden für Braut- und Festtagsbekleidung „unweigerlich“ geschädigt würden, sind substanzlos und bloße Mutmaßungen. Das Gegenteil ist der Fall: das Zusammenwirken von FOC (mit einem durch städtebaulichen Vertrag definierten Warenbesatz!) mit Handel und Dienstleistungen in Marxloh (und auch Althamborn) wird neuen „drive“ bringen. Erfahrungsgemäß gehen rd. 15 % der Outlet-Kunden in die umliegenden Stadtteile. In Roermond ist das für jedermann nachvollziehbar. Behauptungen des Architekten Brune, der sich städtebaulich angeblich vom Saulus zum Paulus entwickelt hat, auf die sich die BI u.a. stützt und der die Ratsmitglieder mehrmals angeschrieben hat, können wir nicht nachvollziehen. Der innerstädtische Handel in Roermond beweist im Gegensatz zu vielfach kolportierten Behauptungen alles andere als die Schädigung durch das dortige Outlet. Brune kennt sich noch nicht einmal in den Größenordnungen aus und behauptet u.a., das dortige Outlet sei „viel kleiner“ als das in Hamborn geplante. Das von der BI zitierte BAG-Gutachten, auf das sich die Kritik der IHK stützt, pauschalisiert in einer Art und Weise, so dass wir uns hier wirklich fragen müssen, ob der Besteller auch die Musik bestimmt hat. Und außerdem: Wir bestreiten nicht, dass große Einzelhandelsvorhaben andere Einzelhändler verdrängen, die sich nicht auf veränderte Situationen einstellen. Sicherlich gibt es gewisse Verdrängungseffekte in der eigenen Kommune oder auch darüber hinaus. Aber wie wollen wir das letztendlich lösen? Ein FOC hat in der Tat einen größeren Einzugsbereich – daraus folgt aber, dass viele kommen, die sonst kaum etwas nach Duisburg ziehen würde. Aber warum wird dieses Argument und der erhöhte Individualverkehr nicht gegen den boomenden Festtagsmodenhandel in Marxloh ins Feld geführt? Dieser zieht Kundschaft nicht nur aus ganz Deutschland, sondern auch aus dem benachbarten Ausland an. Diese Entwicklung wird doch auch von Ihnen zu Recht ausdrücklich begrüßt! Wer polemisiert gegen die neue Duisburger Innenstadt oder gegen IKEA?

Man habe, so die Behauptung in ihrem Schreiben, die Auswirkungen auf die benachbarten Stadtteile nicht untersucht. Gemach, das Moderationsverfahren Einzelhandel bzw. die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange kommt noch – und damit auch die Möglichkeit für die Einzelhandelsverbände, Werberinge und die Nachbarstädte, sich zu äußern. Und die bisherigen Gutachten bzw. Erfahrungen mit FOCs besagen dazu sehr wohl etwas. Sie stützen jedenfalls Ihre Behauptungen nicht. Uns wird besonders die Stellungnahme von Oberhausen interessieren, das sich mit seinem rücksichtslosen CentrO-Ausbau wenig um die Interessen der Nachbarstädte kümmert.

Wir geben Ihnen folgendes zu bedenken: Duisburg hat über viele Jahre einen miserablen und stets fallenden Zentralitätsindex gehabt. Die Verlust an Kaufkraft an Essen, Oberhausen, Mülheim und Düsseldorf, ja sogar an kleinere Städte wie Moers oder Dinslaken hatte einen Umfang, wie der gesamte innerstädtische Umsatz (ca. 250 Mio. € pro Jahr). Mit dem Forum, den weiteren positiven Entwicklungen in der Innenstadt und mit der IKEA-Ansiedlung in Meiderich hat sich endlich eine Trendwende eingestellt. Wir liegen wieder um die 100 Punkte, d.h. im Normalbereich. Aber Duisburg ist ein regionales Oberzentrum mit vielen Aufgaben und Ausgaben (!), die die Bewohner der Region bzw. die Einpendler nutzen (Kultureinrichtungen, Schulen, Straßen


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usw.). Warum sollen wir nicht aufschließen an andere Städte der Region, die bei 120 und über 130 Punkte liegen? Die Kundschaft eines FOC kommt weit überwiegend aus einem überregionalen Einzugsbereich. Diese würde kaum nach Duisburg kommen ohne FOC. Wir gehen davon aus, dass Etliches an neuer Kundschaft auch für Handel und Dienstleistungen in der Umgebung abfällt, wie es anderswo Fakt ist.

Und schließlich: Man mag dieses Einkaufsverhalten von Millionen Menschen, die über entsprechendes Einkommen verfügen beklagen, auch im Hinblick auf das erhöhte Verkehrsaufkommen. Aber worin bestehen die greifbaren Alternativen? Ein FOC wird also weiteren Umsatz und auch Arbeitsplätze schaffen. Wir bestreiten nicht, dass nur etwa ein Drittel der 600 – 800 Jobs Vollzeitarbeitsplätze sind, die Mehrzahl Teilzeitjobs. Aber ist das irgendwo beim großflächigen Einzelhandel anders? Ist das im Festtagsmodenbereich von Marxloh anders? Sollen wir deshalb nur noch auf Verhinderung setzen? Bessere Arbeits- und Tarifbedingungen müssen letztlich von den Beschäftigten und ihren Gewerkschaften erkämpft werden.

– Parteiische Gutachten
Völlig widersprüchlich argumentiert der Brief der BI in Sachen Gutachten. Das offensichtlich parteiische Gutachten der IHK – die auch nach unseren eigenen Erfahrungen massiv als Lobby für den Innenstadt-Handel auftritt – wird für bare Münze genommen. Die für das FOC bestellten Gutachten erhalten in Ihrem Brief aber gleich den Stempel unseriös und verdächtig. Für uns ist das keine überzeugende Argumentation. Für das Vorhaben FOC sind Verkehrsgutachten, Verträglichkeitsanalyse, Artenschutzgutachten, Störfallgutachten usw. erforderlich. Unseres Wissens liegen sie inzwischen alle vor und befinden sich in der Prüfung durch die Verwaltung. Wir haben bisher keinen Zweifel daran, dass sie auf wissenschaftlicher Basis und unparteiisch erarbeitet worden sind. Das bezeugt allein schon die öffentlich ausgetragene „Abstandskontroverse“, die ja auch im Brief der BI angesprochen wird. Die BI selbst bescheinigt in ihrem Brief dem Gutachter „Rückgrat“. Aber auch dieser Gutachter wird von DOUVIL bezahlt, wie es zwischen der Stadt und ihm abgemacht worden ist. Für die Linksfraktion gilt: Sollte es tatsächlich Hinweise auf unsaubere Machenschaften geben, sind sie von seriösen Gutachtern zu wiederholen. Aber Mutmaßungen und Verdächtigungen reichen uns nicht. Das Verkehrsgutachten – es gab in den letzten Jahren mehrere Vorarbeiten – ist in der Begleitkommission vorgestellt worden. Es liegt den Fraktionen im Entwurf seit Frühsommer zur Befassung vor. Es laufen Gespräche mit Straßen NRW, der DVG usw. bzgl. der Realisierbarkeit von Ideen. Das erwartete Verkehrsaufkommen und die geplante Verkehrsführung werfen in der Tat noch große Probleme auf. Alle Gutachten sind der Öffentlichkeit im Rahmen des weiteren Verfahrens vorzulegen. Einwände sind dann bei den kommenden Erörterungen möglich. Sie müssen von der Verwaltung geprüft und ihre Bescheidung muss dem Rat zur Beschlussfassung vorgelegt werden.

– Abstand zu Grillo
Die im letzten Jahr verschärften Abstandsregeln zwischen Bebauung, Bauvorhaben und Störfallbetrieben müssen natürlich berücksichtigt werden. Das gilt für uns aber auch schon jetzt hinsichtlich Grillo und der umliegenden Wohnbebauung, der Schulzentren, Institutionen, Einkaufsstätten usw. Hier kann sich Grillo nach unserer Meinung nicht auf Bestandsschutz berufen. Katastrophen- und Brandschutz gehen vor Bestandsschutz. Aus dem Abstandsgebot nach Immissionsschutzgesetz allerdings abzuleiten, das Einhalten von Abständen sei die einzige zulässige Maßnahme, so wie Sie es darstellen, käme Stadtplanung und Industrie bei uns und in zahlreichen weiteren Fällen im Ruhrgebiet allerdings schwer in die Bredouille. Dann wäre z.B. jeglicher Neubau auf den städtischen Grundstücken von Rhein-Ruhr-Halle und altem Stadtbad unmöglich. Der vorgesehene teilweise Neubau des Johannes-Hospitals käme in ernste Probleme.


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Wollen Sie das wirklich? Sie schreiben: „Am Abstand gibt es kein Vorbei“. Doch diese Argumentation ist nicht nur eine stadtplanerische Sackgasse, sie ist auch zynisch gegenüber den heutigen Anwohnern, einschl. der Zinkhüttensiedlung. Konsequenterweise müsste die BI den Abriss von Grillo fordern, zumindest die Einstellung der Verarbeitung und Lagerung von Gefahrstoffen. Wir gehen davon aus, dass die Sicherheit bei Grillo durch technische und organisatorische Maßnahmen weiter erhöht werden kann, nicht nur zum Schutz der eigenen Belegschaft, sondern auch zum Schutz der heute bestehenden Wohnbebauung und Einrichtungen in der Umgebung wie Schulen, Rhein-Ruhr-Bad, neuer Sporthalle, Job-Center usw. Und ein FOC ist übrigens bei entsprechender Vorbereitung aller Akteure (Polizei, Feuerwehr usw.) im Ernstfall allemal schneller zu räumen, als hunderte Wohnungen in der Nachbarschaft. Sehr verwundert hat uns das Engagement von Grillo zur Abstandsregelung, während gleichzeitig Ausbaupläne für die Säuregewinnung bestehen. Unsere VertreterInnen im Umweltausschuss des Rates haben hierzu presseöffentlich Stellung genommen.

– Rhein-Ruhr-Halle sanieren
Die miserable Finanzlage der Stadt und die Auflagen der Kommunalaufsicht scheinen den Autoren des BI-Briefs vollkommen entgangen zu sein. Sonst würden sie nicht dafür plädieren, die Halle wieder herzurichten, beginnend bei der Energetik. Entgangen ist ihnen offenbar auch, dass auf der anderen Straßenseite bereits an der der Ersatzhalle gebaut wird, deren Finanzierung auf die 6,5 Mio. € aus dem Grundstückgeschäft mit DOUVIL abhängig ist.

– Bonität des Entwicklers
Der Entwickler Sevenheck ist Kaufmann. Er will seine Vorhaben so kostengünstig und effektiv durchsetzen wie möglich, um ein Maximum an Gewinn zu erzielen. Niemand bestreitet das. Dennoch muss auch er sich an Recht und Gesetz halten. Das musste er jüngst angesichts des unsäglichen Disputs um die Grunderwerbsteuer erfahren. Seine Bonität wurde in Zweifel gezogen und dazu hat seine Geschäftsstruktur Anlass gegeben. Unsere Fraktion hat sich von Anfang an sein Geschäftsmodell und die Finanzierung des Vorhabens erläutern lassen. Wir haben bei der Verwaltung überprüft, ob er im Rahmen der Ausschreibung die erforderlichen Unterlagen vorgelegt hat, die über seine Bonität Aufschluss geben. Es war Thema im Begleitausschuss. Danach gab es nichts mehr zu beanstanden. Nun ständig in die Welt zu setzen, „im Rathaus schlafen alle“ und alle seien dem Sevenheck zu willen, ist barer Unsinn. Wir weisen das für unsere Fraktion klar zurück.

Der Entwickler hat rd. 330.000 € Grunderwerbsteuer an das Finanzamt gezahlt, nach dem er von den Ratsfraktionen von Rot-Rot-Grün Rede und Antwort stehen musste und die Stadtspitze ihm eine Frist gesetzt hatte. Viele – auch aus BI – hatten öffentlich gemutmaßt, dass er nicht über die Mittel verfüge. Douvil hatte sich immer wieder auf den Rat eines renommierten Duisburger Steuerbüros berufen, nachdem die Grunderwerbssteuer erst nach Erhalt der Baugenehmigung fällig werde. Das Finanzamt hatte hier eine andere Auffassung.

– Begleitkommission
Grundfalsch ist die Behauptung, dass der FOC-Begleitausschuss aus Vertretern der Fraktionen (in aller Regel kompetente Mitglieder aus deren Stadtplanungsarbeit) und der Fachverwaltung „keiner parlamentarischen Kontrolle unterliege“, „keine Kenntnisse habe“ und „Abstimmungen“ durchführe. Der Ausschuss tagt aus


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legitimen Gründen nichtöffentlich, hört Berichte der Akteure, spricht Empfehlungen für die Gremien aus. Er hat keinerlei Entscheidungskompetenz. In der Kommission ist bereits die Forderung erhoben worden, die Protokolle öffentlich zu machen, soweit sie nicht absolut schutzwürdige Belange des Entwicklers betreffen.

Soweit unsere Entgegnung auf die Hauptvorwürfe. Wir finden es bedauerlich, dass bisher keine seriösere Diskussion um das Vorhaben möglich war. Für ein Treffen zum weiteren Meinungs- und Informationsaustausch stehen wir gern zur Verfügung.

Schlussendlich noch einige Ausführungen zu den aktuellen Entwicklungen. Der Disput um die Grunderwerbsteuer hat Investor und Politik belastet. Dies ist dem Entwickler u.a. auf der gemeinsamen Fraktionssitzung Rot-Rot-Grün sehr deutlich gesagt worden. Mit der Zahlung der Steuer für die beiden städtischen Grundstücke hat Douvil den Rückwärtsgang eingelegt, was wir begrüßen. Die Rückabwicklung des Grundstücksgeschäfts mit Immeo und die vorläufige Einstellung des weiteren Umzugsgeschehens verunsichert nicht nur die verbliebenen Mieter, sondern auch die Politik. Die Konsequenzen daraus sind derzeit nicht in jeder Hinsicht klar. Die Linksfraktion wird sich dafür einsetzen, dass mit DOUVIL, Immeo, Politik und Verwaltung ernsthaft Varianten diskutiert werden, um den Konflikt zu lösen. Es kann aber offensichtlich nur um Varianten gehen, die für alle Betroffenen konsensfähig sind. Das erfordert auch ein Entgegenkommen der BI bzw. der Mietsparteien, die sie vertritt. Wir würden uns freuen, wenn wir uns demnächst zusammensetzen könnten, um darüber zu sprechen.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Martina Ammann-Hilberath Stv. Fraktionsvorsitzende DIE LINKE im Rat der Stadt

gez. Hermann Dierkes Fraktionsvorsitzender DIE LINKE im Rat der Stadt

gez. Herbert Fürmann Fraktionsvorsitzender DIE LINKE in der BV Hamborn