Über Pluralismus und „parteischädigendes Verhalten“

Aus:
www.forum-ds.de: Demokratisierung der Demokratie – gilt auch in der LINKEN

… die Achtung vor den pluralen Interessen unserer Mitgliedschaft und den redlichen, d.h. solidarischen Umgang damit – auch und gerade bei tiefergehenden Widersprüchen im Hinblick auf Strategie und Taktik. Diese Gratwanderung ist jedoch von vornherein erfolglos, wenn mit der Satzungskeule des „parteischädigenden Verhaltens“ der Mitgliedschaft weitgehend widerspruchslose Treue und Gefolgschaft gegenüber einer parteilichen Obrigkeit eingebleut werden soll. Was, so fragen wir uns, würde unsere Partei künftig von der Selbstverständlichkeit unterscheiden, mit der die Nachkriegs-SPD über Jahrzehnte kritische Positionen aus der Partei gedrängt hat. Beginnend bei Wolfgang Abendroth, über die verordnete Unvereinbarkeit mit dem SDS, dem SHB, dem Ausschluss von mit Kommunist/-innen im Dialog stehenden Sozialdemokrat/-innen bis hin zu Kritiker/-innen der Agenda 2010, die daraufhin die WASG gründeten?
Es wäre doch ein nicht zu überbrückender Widerspruch, als LINKE programmatisch die Demokratisierung der Demokratie zu fordern und Widerspruch innerhalb der LINKEN als „parteischädigendes Verhalten“ ahnden zu wollen.

Aus:
aus scharf-links: Pluralität und Respekt

im Interview von Klaus Ernst im Neuen Deutschland vom 21.12. fällt mehrmals die Formulierung „denunziatorisch“ für Bemerkungen von Katja Kipping über eine Parteivorstandssitzung, die keineswegs persönlich, beleidigend oder strafrechtlich relevant waren. Diese Entwicklung belegt, dass selbst Personen, die in der Öffentlichkeit mit der Partei identifiziert werden, mit subtilen Drohungen des Parteiausschlusses rechnen müssen.

Begründet wird diese Haltung mit den anstehenden Wahlen, vor denen Auseinandersetzungen in den Medien schädlich wären. Da in der Geschichte der Bundesrepublik bisher kein Zeitraum zu finden ist, zu dem keine Wahlen anstanden, hieße dies, jede Auseinandersetzung in der Partei müsse hinter geschlossenen Türen stattfinden.

Wir stellen in unserem politischen Alltag die Forderung nach größerer Transparenz in der Politik. Wir setzen uns als MandatsträgerInnen dafür ein, entscheidende Fragen öffentlich und nicht unter dem Siegel der Verschwiegenheit zu behandeln. Die politische Auseinandersetzung innerhalb der eigenen Partei zur Verschlusssache zu erklären ist damit nicht vereinbar. Auch dann nicht, wenn die inhaltlichen Streitpunkte sich als Konflikt zwischen Personen darstellen. Auch dann nicht, wenn wir diese Positionen nicht teilen.

Pluralität in der Partei fordert gegenseitigen Respekt. Die Abwertung anderer Meinungen als „denunziatorisch“ oder „diffamierend“ lässt diesen Respekt vermissen. Die neuerdings damit implizierte Ausschlussdrohung verlässt gar den Rahmen jeglicher demokratischer Auseinandersetzung.

Die LINKE kann nur dann geschlossen handeln, wenn ein Weg zurück zu demokratischem und respektvollem Umgang gefunden wird. Nicht nur im Blick auf jetzige und künftige Wahlen. Vor allem, um dieses Land zum Besseren zu verändern.

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