Stadtplanung: §13a BauGB

Am 1.1.2007 trat das „Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte“ in Kraft, mit welchem das Baugesetzbuch (BauGB) in Teilen überarbeitet wurde.

Bestandteil dieser Novellierung war der neue Paragraph 13a,
der das „beschleunigte Verfahren“ für Bebauungspläne der Innenentwicklung erstmalig in das bundesdeutsche Bauplanungsrecht einführte. Von Anfang an stieß das neue Gesetz bei Fachleuten auf viel Kritik: In einer Studie „Nachhaltige Innenentwicklung durch beschleunigte Planung?“ des Instituts für Raumordnung und Entwicklungsplanung der Universität Stuttgart, hieß es z.B.

Kritiker der neuen Regelung verweisen schließlich auch auf Erfahrungen, die gezeigt hätten, dass der konsequente und frühzeitige Einsatz von Eingriffsregelung und Umweltprüfung zur Konfliktvermeidung und in Folge dessen zu angemessenen planerischen Lösungen beitrage. Die vermeindliche Verfahrensbeschleunigungen würden in der Praxis nicht eintreten oder auf ernsthafte Bedenken aus der Bürgerschaft stoßen … Quelle

Genau das hat sich jetzt in Essen bestätigt.

Ein Blick ins Ratsinformationssystem der Stadt Essen (RIS) zeigt, dass es in Essen von Bebauungsplänen nach § 13a BauGB nur so wimmelt. Ob immer die Voraussetzungen zur Anwendung dieses Verfahrens erfüllt waren, hat übrigens keine praktische Bedeutung, denn eine sogenannte Heilungsvorschrift (§ 214 Abs. 2a Nr.1 BauGB) legt fest, dass eine fehlerhafte Beurteilung der Voraussetzungen für die Anwendung des §13a BauGB für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans unbeachtlich ist.

Kritiker aus der Fachwelt hatten schon früh davor gewarnt, dass diese Bestimmung zu Mißbrauch einladen und zu einer Flut von Bebauungsplanverfahren nach § 13a BauGB führen könne.

Mittlerweile gibt es aber auch ein Gerichtsurteil, dass die Unbeachtlichkeitsvorschrift relativiert:

http://epub.uni-regensburg.de/9338/1/ubr04081_ocr.pdf

Die Unbeachtlichkeitsvorschrift des § 214 Abs. 1 Nr. 1 2. HS BauGB greift nicht ein, wenn der Plangeber nach Änderung des Bebauungsplanentwurfs die Notwendigkeit eines erneuten Beteiligungsverfahrens nach §§ 3 Abs. 2 und 3, 13 Abs. 1 S. 2 BauGB völlig übersehen hat. VGH Bad.-Württ, Urt. v. 17. 10. 1989 – 5S 3065/88

Im ihrem Kommunalwahlprogramm von 2009 setzt sich die LINKE.Essen „Für eine solidarische und ökologische Stadtentwicklung“ ein. Das Ziel sei eine „lebenswerte und vielfältige Stadt für alle Einwohnerinnen und Einwohner.“: Weiter heißt es: „Stadtentwicklung, Verkehrsplanung, Wohnungsbau, Naherholung, öffentliche Einrichtungen und Einkaufsmöglichkeiten müssen auf die Bedürfnisse der großen Mehrheit der Bevölkerung ausgerichtet sein.“ Und: „Unser Maßstab ist die Verbesserung der sozialen Bedingungen, der Lebensverhältnisse für die Masse der Bevölkerung.“

Das läßt sich nur erreichen, wenn auch in der Stadtplanung die Bürger mit einbezogen werden und auf sogenannte „beschleunigte Verfahren“ nach §13a BauGB künftig verzichtet wird.

Tatsächlich gibt es eine Stadt, deren Grundsatz es ist § 13a BauGB überhaupt nicht anzuwenden. Diese Stadt heißt Düsseldorf: Zitat aus: http://www.duesseldorf.de/planung/umwelt/umweltpruefung/schritt5baugb.shtml

Statt einer nachhaltigen Innenentwicklung wird jedoch mit diesem Planungsinstrument in erster Linie eine ungesteuerte Innenbebauung gefördert. Da dies nicht im Interesse der Landeshauptstadt ist, wird der §13a BauGB in Düsseldorf nicht angewendet, d.h. Bebauungspläne der Innenentwicklung werden im rechtssicheren Normalverfahren aufgestellt.

Für viele Kommunalpolitiker, die §13a BauGB bisher als Gesetz nahmen,
das unbedingt angewendet werden müsste, könnte das eine Offenbarung sein.

Das nächste Mal, wenn etwas nach „§ 13a BauGB“ geplant werden soll,
wäre es also an der Zeit die Anwendung des „§ 13a BauGB“ aus den genannten Gründen abzulehnen, und mehr Bürgerbeteiligung zu fordern.

Olaf Swillus, 9.8.2012