Wolfgang Freye

Wolfgang Freye ist gelernter Werkzeugmacher und Betriebsrat in einem Essener Maschinenbauunternehmen. Er war von 1999 bis 2009 Bezirksvertreter in der BV III (Essener Westen) und ist seit 2004 Sprecher der LINKEN Fraktion im Regionalverband Ruhr (RVR). „Immer mehr städtische Aufgaben werden ausgelagert, um geltende Tarife zu unterlaufen. Als aktiver Gewerkschafter setze ich mich dafür ein, dass die Stadt Essen eine kommunale Wirtschaftspolitik verfolgt, die auf sozialversicherungspflichtige und tarifliche Beschäftigung zielt.“

Interview vom 25.12.2010 (ursprünglich auf www.dielinke.de veröffentlicht)


Sechs Fragen.
Wolfgang Freye hat darauf geantwortet:

Du bist jetzt im Stadtrat. Wie willst du dort die Interessen der Menschen vertreten?

Ich werde mich rege an den Diskussionen im Rat beteiligen, soziale Ungerechtigkeiten anprangen und Anträge initiieren. Ich würde gerne in den Planungsausschuss gehen, in dem Bebauungspläne ebenso auf den Tisch kommen wie Entscheidungen zur Stadtentwicklung. Hier gibt es sehr viele Berührungspunkte zu Initiativen, zum Runden Umwelttisch und vielen anderen. Die werde ich pflegen und mein Ohr an dem haben, was die Leute bewegt.

Wie willst du den Widerstand gegen Sozialabbau stärken?

Ich bin beruflich seit Jahren als Betriebsrat tätig und habe täglich mit Interessenvertretungspolitik zu tun. Ich denke, die Schwarz-Gelbe Politik im Bund wird in der nächsten Zeit genug Anlass dafür geben, Widerstand zu organisieren. Die FDP will den Kündigungsschutz aushöhlen und Hartz IV durch ein Bürgergeld ersetzen, das für viele noch weniger Geld zum Lebensunterhalt bedeutet. Dabei leben schon Hartz IV-Berechtigte unter der Armutsgrenze, wie sie die EU definiert. Das kann so nicht bleiben!

Welche persönlichen Erfahrungen können dir den Start als Ratsmensch erleichtern?

Ich war 10 Jahre lang für DIE LINKE in der Bezirksvertretung III Essen-West. Dort habe ich wie ich meine recht erfolgreich Politik gemacht. Die Bezirksvertretung hat sich nicht zuletzt auf meine Inititiave hin für den Erhalt des Jugendzentrums Papestrasse für den Stadtteil und für eine neue Gemeinschaftsgrundschule in Essen-Haarzopf am Standort Raadter Strasse ausgesprochen. Mehrere Tafeln an ehemaligen Lagern für NS-Zwangsarbeiter gehen auf meine Initiative zurück.

Besonders am Herzen liegt mir die Arbeit im Stadtteilprojekt Altendorf, das für den Stadtteil ein soziales Netzwerk geschaffen hat, das den Strukturwandel fördert.

Was würdest du in deiner ersten Ratsrede dem Oberbürgermeister gerne einmal sagen?

Das kommt darauf an, wie der neue Oberbürgermeister mit uns umgeht. Rot-Grün scheint sich auf eine Koalition zu einigen. Eine solche Koalition ist jedoch eine Minderheitskoalition. Ihr fehlt eine Stimme. Niemand sollte glauben, DIE LINKE würde schon einfach mitstimmen, wenns drauf ankommt. Wer nicht mit uns redet, kriegt keine Stimme.

Wie willst du dich davor schützen, im Raumschiff Stadrat die Bodenhaftung zu verlieren?

Den Bundestag würde ich als „Raumschiff“ betrachten, auch den Landtag. Der Stadtrat ist es allerdings kaum. Man darf ja nicht vergessen: Das Engagement als Ratsmitglied ist ehrenamtlich. Die meisten Ratsmitglieder stehen im Berufsleben und werden dort schon immer wieder „geerdet“. Das Schöne an Kommunalpolitik ist ja im übrigen, dass viele Menschen die Auswirkungen unmittelbar beurteilen können und deshalb auch ihre Interessen geltend machen können – gegebenenfalls auch mit einem Bürgerbegehren.

Wie siehst du dein Verhältnis als dejure unabhängiges Ratsmitglied zu der Partei, die dich als Kandidat aufgestellt hat? Durch was ist das Vertrauen, das in dich gesetzt wurde, gerechtfertigt? Kannst du dir vorstellen in fünf Jahren erneut für die LINKE für den Stadtrat zu kandidieren?

Wir sind als LINKE angetreten, eine andere Politik zu machen. Dazu gehören auch andere Formen von Politik. Wir sind für eine Ausweitung der Bürgerbeteiligung und müssen mehr tun, um Menschen in unsere Politik einzubeziehen. Damit meine ich nicht nur die Parteimitglieder, deren Meinung mir wichtig ist. Nein, es geht um alle Einwohnerinnen und Einwohner, die mehr Gelegenheit erhalten müssen, auf Bürgerversammlungen, durch einen Bürgerhaushalt usw. Einfluss zu nehmen.

Ob das Vertrauen in mich gerechtfertigt ist, müssen dann andere beurteilen. Und die Frage nach einer erneuten Kandidatur sollten wir in vier Jahren erörtern.

Wenn Sie weitere Fragen oder Anregungen an den Ratsvertreter der LINKEN Wolfgang Freye haben, so können Sie sich gerne per Mail an ihn wenden:
W.Freye <at> web.de

Wolfgang Freye / Iran-Demo am 25. Juni 2009 in Essen

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