Verfassungsschutz gegen Schwur von Buchenwald

[Update 13.1.2017] Hintergrund:
news4teachers.de: Verfassungsschutz beobachtet pensionierte Lehrerin. Die klagt dagegen. GWE hält den Fall Silvia Gingold für einen Skandal/

http://www.geheimdienste-vor-gericht.de/verfassungsschutz-und-berufsverbote/

https://www.jungewelt.de/2017/01-11/017.php

https://www.rote-hilfe.de/77-news/762-prozessankuendigung-silvia-gingold-gegen-den-hessischen-verfassungsschutz

https://www.rote-hilfe.de/77-news/762-prozessankuendigung-silvia-gingold-gegen-den-hessischen-verfassungsschutz

Silvia Gingold ist Lehrerin im Ruhestand und Tochter der Widerstandskämpfer Ettie und Peter Gingold. Wegen ihrer Mitgliedschaft in der DKP erhielt sie 1975 auf Grundlage des „Radikalenerlasses“ Berufsverbot. Auch aufgrund des starken öffentlichen Drucks konnte sie ab 1976 wieder als angestellte Lehrerin arbeiten. Wegen ihrer Aktivitäten für die DKP wurde sie jedoch nicht verbeamtet. Da sie bis heute unter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht, klagt sie aktuell gegen das hessische Landesamt:


170112_dkp_pm_silvia_gingold_gegen_land_hessen_320Pressemitteilung des DKP-Parteivorstands, 12. Januar 2017

Verfassungsschutz gegen Schwur von Buchenwald

DKP zum Prozess Silvia Gingold gegen Land Hessen

„Im Prozess ‚Silvia Gingold gegen Land Hessen‘ hat der Verfassungsschutz erklärt, dass es verfassungsfeindlich sei, sich auf den Schwur der Häftlinge von Buchenwald zu berufen. Dieser Geheimdienst bespitzelt Linke, unterstützt Nazis – und beschimpft das Erbe des antifaschistischen Widerstandes als antidemokratisch. Wer Antifaschismus und Demokratie will, muss sie gegen diesen Geheimdienst und gegen die Landes-und Bundesregierungen erkämpfen“, sagte Patrik Köbele, Vorsitzender der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP), am Donnerstag.

Das Verwaltungsgericht Wiesbaden wies am Dienstag einen Teil der Klage Silvia Gingolds zurück – der hessische Verfassungsschutz muss die über sie gespeicherten Daten nicht löschen. Ob der Verfassungsschutz Silvia Gingold weiter überwachen darf, soll das Verwaltungsgericht Kassel entscheiden. Die DKP forderte, die „Bespitzelung der
Antifaschistin Silvia Gingold sofort einzustellen“.

Silvia Gingold wollte vor dem Verwaltungsgericht erreichen, dass der Verfassungsschutz sie nicht mehr überwacht und über sie gespeicherte Informationen löscht. In einem Schriftsatz dieses Verfahrens, zu dem am 12. Januar die mündliche Verhandlung stattfand, hat der Verfassungsschutz begründet, warum er Gingold auch in Zukunft überwachen will: Weil Silvia Gingold und die VVN-BdA, für die sie aktiv ist, sich auf den Schwur von Buchenwald berufen, der sich – so der Verfassungsschutz – auf die „kommunistische Faschismustheorie“ stütze, würden sie die Prinzipien der „freiheitlich demokratischen Grundordnung“ in Frage stellen. Denn diese Faschismustheorie, so der Verfassungsschutz, beschreibe die parlamentarische Demokratie „als potenziell faschistisch, zumindest aber als zu bekämpfende Vorstufe zum Faschismus“ und wende sich damit gegen das Recht, eine parlamentarische Opposition zu bilden.

Patrik Köbele stellte dazu fest: „1945 schworen die Häftlinge des KZ Buchenwald, die sich selbst befreit hatten: ‚Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung.‘ Sie zogen die Lehre aus der deutschen Geschichte: Solange die Banken und Konzerne die Macht haben, gibt es auch die Gefahr, dass sie zum faschistischen Terror übergehen. Der sogenannte Verfassungsschutz dreht das Ganze nun um. Er wirft Sylvia Gingold und der VVN/BdA vor: Sie ‚bezeichnet den Kapitalismus als eigentlichen Urheber des Faschismus (…). Konkludent lehnt der Verband (VVN/BdA) also die ‚kapitalistische‘, mithin freiheitliche demokratische Grundordnung ab.‘ Nun, gewusst haben wir es, aber nun bestätigt der so genannte Verfassungsschutz was seine Aufgabe ist – die Verteidigung des Kapitalismus.“

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