Die Räumung des Info-Stands der MLPD am 1. Mai in Herne

MLPD-Prozeß in Herne: 21.3.2012, 9:45 Uhr

aus Rote Fahne 18/2011:

Die Räumung des Info-Stands der MLPD am
1. Mai in Herne – eine Posse in zwölf Akten

Rote Fahne 18/2011

1. Akt

Herne und der 1. Mai. Das war früher im Vergleich zu anderen Orten fast schon idyllisch: Der DGB lud die MLPD, wie alle anderen – z. B. SPD, Grüne, Linkspartei – zu Vorbereitungstreffen ein, wir beantragten
einen Info-Stand (und erhielten ihn auch ganz offiziell).

2. Akt

2010 der plötzliche Sinneswandel des DGB-Ortsvorstands. Weder dürften wir einen Info-Stand machen, noch Flugblätter verteilen (!). Letzteres war dann doch zu offenkundig rechtswidrig, wurde nach Protest zurückgenommen

– doch der Stand sollte auf Anweisung von Eva Kerkemeier (IGM-Bevollmächtigte) geräumt werden. Pech nur, dass sogar die Polizeibeamten sich weigerten!

3. Akt

Während wir auch danach eine Klärung versuchten, sannen einige ein Jahr lang auf Rache. Wie man den bösen MLPD-Stand verhindern könne, wurde

– wie man uns zutrug – immer wieder heiß und engagiert diskutiert. Zwischendurch soll sogar erwogen worden sein, nur noch Gäste mit einer persönlichen Einladung am 1. Mai zuzulassen … Es wäre sicher
besser gewesen, diese Energie für die Werbearbeit und die Organisierung einer vernünftigen Zusammenarbeit aufzusparen, statt die Teilnehmerzahl weiter in den Keller gehen zu lassen.

4. Akt

1. Mai 2011: Auf Briefe und Anrufversuche im Vorfeld keine Reaktion vom DGB-Ortsvorstand. Offiziell verboten wurde dann aber der Stand des überparteilichen Frauenverbands Courage (!). Als Begründung erfuhr
man aus der „WAZ“ am 30. April unter anderem, die Frauen seien „unfreundlich“ (!) gewesen – unter dem Artikel ein Bild mit der freundlich lächelnden Courage-Vertreterin und dem grimmig dreinschauenden Vorsitzenden der DGB Region Ruhr-Mark Michael Hermund

5. Akt

Kaum war der MLPD-Stand aufgebaut, erschienen schon sechs Polizisten. Der Info-Stand müsse weg, der DGB habe „Hausrecht“. Wie der Name schon sagt, setzt ein „Hausrecht“ aber etwas voraus, was es bei öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel nicht gibt, worauf wir natürlich hinwiesen. Außerdem beriefen wir uns darauf, dass über die „WAZ“ vom DGB angekündigt worden war, dass bei Verstößen gegen Standverbote nur Ordner „freundlich bitten zu gehen“. Mittlerweile sind es so 30 bis 40 Umstehende, die ihre Solidarität bekunden, darunter viele Gewerkschafter, Mitglieder der Linkspartei, Migranten, Montagsdemonstranten usw.

6. Akt

Die Polizei holt einen Ordner des DGB, der erklärt, der Stand sei eben nicht erlaubt, er müsse weg. Eine Begründung? Es gibt ausdrücklich keine! Vorne spricht Eva Kerkemeier von der großen Bedeutung der „Freiheit“ – in Nordafrika … Zwischendurch: Gespräche der Polizei mit dem Verantwortlichen; Abbruch der Gespräche und Ablehnung von „Geheimverhandlungen“; die Polizei droht mehrmals mit Räumung.

7. Akt

Die Polizei holt Dieter Fregin, DGB-Ortsvorsitzender, Ver.di: Der Stand sei nicht genehmigt, er müsse weg. Auf zig Nachfragen: Keine Begründung. Ein Pfarrer, Friedensaktivisten, AKW-Gegner, Gewerkschafter reiben sich verwundert die Augen: „Keine Begründung, einfach so, das kann doch nicht sein!“ Dieter Fregin wird darauf hingewiesen, dass es aus gutem Grund in Ver.di keine Unvereinbarkeitsbeschlüsse gegen die MLPD gibt; er solle sich an die Beschlüsse von Ver.di halten und nicht in Herne solch undemokratische Sitten einführen. Kritik, dass es nicht angehe, Meinungsverschiedenheiten in der Arbeiterbewegung mit Polizeieinsätzen zu „klären“; ob er nichts gelernt hätte aus der Spaltung der Arbeiterbewegung vor 1933? Keine Antworten, nur gebetsmühlenartige Wiederholungen, dass der Stand nicht genehmigt sei. Einzelne Antikommunisten versuchen, die Stimmung aufzuheizen und zu spalten; wie könne man solidarisch sein mit einer Partei, die auf Stalin Bezug nehme (der aber beim Info-Stand gar nicht anwesend war – und was vor allem nichts zur Sache tut, wenn der bürgerliche Staatsapparat Linke unterdrücken will)?

8. Akt

Der Info-Stand geht derweil weiter, „Rote Fahnen“ wechseln die Besitzer, Mai-Aufrufe werden verteilt. Nach vielleicht 40 Minuten wird es der Polizei zu bunt. Es müsse endlich eine Entscheidung her. Der Verantwortliche der MLPD lässt abstimmen: „Wer ist dafür, dass der Stand abgebaut wird?“ – keine Hand hebt sich. „Wer ist dafür, dass der Stand bleibt?“ – alle Hände gehen nach oben. Da müsse er sich jetzt schon dran halten, sagt er zu den Beamten.

9. Akt

Der Einsatzleiter telefoniert (zwischendurch hatte er gedroht, er könne noch 20 Mann mehr mitbringen). Die Polizei schreitet zur Tat: Unter Protestrufen wird der kleine Tapeziertisch 50 Meter weggetragen, man merkt, dass es den meisten sichtlich peinlich ist. Damit ist der erste Polizeieinsatz in Herne innerhalb der Arbeiterbewegung nach dem II.Weltkrieg DAS Thema auf dem Platz. Zudem werden die Personalien von Peter Weispfenning (MLPD) aufgenommen.

10. Akt

Bestimmt 80 Prozent, mit denen diskutiert wird, lehnen das undemokratische Vorgehen ab. Darunter Orts- und Bezirksvorstandsmitglieder von Einzelgewerkschaften. Die Spannflagge
der MLPD bleibt bis zum Schluss, genauso geht das Verteilen von Info-Material und der Verkauf (ohne Tisch) weiter. Nur wenige antikommunistische Meinungen kommen, wenn, auf dem Niveau: „Wenn
das von oben angeordnet wurde, ist es richtig“ (wurde wirklich
gesagt!!), „geht nach Nordkorea“ – was wir ja als bürokratisch-
kapitalistisch kritisieren – oder gar „in die DDR“ (war da
nicht was 1989?). Der Tenor ist aber eindeutig: Das ging zu
weit! Das wird ein Nachspiel haben! Das darf sich nie wiederholen!

11. Akt

Eine Episode am Rande: Als sich auf dem Platz acht Augenpaare fragend an Eva Kerkemeier wenden, verteidigt die sich äußerst offensiv: Man dürfe das jetzt nicht „personalisieren“, die Entscheidung sei „einstimmig“ erfolgt … Demnach hat auch der gemeinhin als links geltende Norbert Arndt (Ver.di) zumindest zugestimmt.

12. Akt

1. Mai abends: Bericht auf der Mai-Feier der MLPD, Videos werden veröffentlicht, schon mittags geht eine kurze Erklärung
an die „WAZ“. 2. Mai: Kein Wort im „WAZ“-Bericht dazu!
Leserbriefe gehen raus. Am 3. Mai titelt die „WAZ“: „MLPD
fordert Entschuldigung vom DGB“. Der Vorhang bleibt geöffnet, der nächste Akt folgt!
(Korrespondenz aus Herne)

Alles zur Vorgeschichte, Videos vom 1. Mai usw. verlinkt unter www.weispfenning.eu (unter „Veröffentlichungen“)

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