Wind, Flaute oder Sturm

ÖPNV zum Nulltarif – Erfahrungen aus Erfurt

Siehe auch Pressemitteilung der Essener Linksfraktion:
https://www.linksfraktion-essen.de/nc/detail/news/oepnv-zum-nulltarif-vorbild-fuer-essen/


ÖPNV zum Nulltarif – Erfahrungen aus Erfurt.

Vorbild für Essen?

mit Matthias Bärwolff (ehemals MdL Thüringen)

Dienstag, 8. Mai 2018, 18 Uhr,
im Heinz-Renner-Haus, Severinstr. 1, 45127 Essen

Was in Essen angeblich überhaupt nicht geht, weil es noch nie gegangen ist, könnte in Erfurt bald Realität sein. Dort gibt es eine längere Debatte zur Einführung eines fahrscheinfreien Nahverkehrs. Matthias Bärwolff wird mit uns über die Schritte und Initiativen, über Widerstände und Erfolgschancen diskutieren.

Matthias Bärwolff war für die Linken im Landtag Thüringen, ist Mitglied der Fraktion Die Linke.Erfurt und sitzt im Aufsichtsrat der Erfurter Verkehrsbetriebe (EVAG).

Aus dem Erfurter Konzeptpapier:

Die Idee eines „kostenlosen ÖPNV“ ist bereits sehr alt und geht bis in die 1970er Jahre zurück. Der fast ungehemmt wachsende Autoverkehr wird zunehmend als Umweltbelastung wahrgenommen: die Hauptprobleme sind der Flächen- und Ressourcenverbrauch, der Lärm und die Abgase.

Anfang der 1980er Jahre entwickeln sich an vielen Orten im Westen Deutschlands Initiativen, die auf eine Verbesserung des Nahverkehrs drängen. In diesem Kontext entsteht auch die Forderung, den Nahverkehr für alle kostenlos zu machen. Durch den daraus entstehenden Anreiz, den Nahverkehr zu bevorzugen, sollte der motorisierte Individualverkehr (MIV) drastisch zurückgedrängt werden.

Mobilität ist der Schlüssel zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Ob es der Weg zum Kindergarten, zur Schule, zum Arzt, zum Amt oder zur Arbeit ist, er muss überbrückt werden; dies erfordert jedoch zahlreiche Ressourcen. Die Gesundheit spielt dabei ebenso eine Rolle wie der Geldbeutel. Mobil zu sein heißt aber auch Lebensqualität und Teilhabe. Der tägliche Einkauf, die Teilnahme an einer Kulturveranstaltung oder ein Treffen mit Freunden und Verwandten – die sichere, schnelle und günstigeFortbewegung ist für all dies Grundvoraussetzung. Alle Menschen haben ein Recht auf ihre Stadt, haben das Recht, an der Gestaltung des Stadtlebens mitzuwirken. Deswegen fordert DIE LINKE das Grundrecht auf Mobilität!

Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) ist eine Aufgabe der öffentlichen Daseinvorsorge. Er soll die Mobilität für alle gewährleisten und somit das im Grundgesetz fixierte Recht auf Freizügigkeit mit Leben erfüllen. Im Rahmen von Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung ist die öffentliche Daseinsvorsorge immer stärker unter finanziellen Druck geraten. Die Forderungen nach höherer Eigenwirtschaftlichkeit und Verringerung der öffentlichen Zuschüsse, insbesondere für den Nahverkehr haben dazu geführt, dass der ÖPNV einen anderen Charakter bekommen hat. Die Wirtschaftlichkeit des ÖPNV selbst steht seither im Fokus. Aus Sicht der LINKEN ist der öffentliche Nahverkehr aber vor allem ein Instrument kommunaler Sozial-, Umwelt-, Stadtentwicklungs- und Wirtschaftspolitik. Er soll die Mobilität für jedermann gewährleisten und auf eine Steigerung der Fahrgeldeinnahmen hin optimiert werden. Ein gut ausgebauter, verlässlicher ÖPNV stärkt die soziale Teilhabe, entlastet die Umwelt und erhöht die Attraktivität der Stadt.

Mit dem fahrscheinfreien ÖPNV wollen wir die Vorteile kollektiver Verkehrssysteme für die Nutzer_innen, die Stadtentwicklung und die Umwelt verbinden und belegen, dass eine Prioritätenverschiebung in der Verkehrspolitik hin zu Bus und Bahn auch finanziell machbar und tragfähig ist. Dazu bedarf es aber anderer Finanzströme und Geldquellen, als es in der heutigen Praxis der Fall ist.

Der individuelle Motorverkehr ist unglaublich teuer und wird zudem über verschiedene Förderinstrumente stark unterstützt. Viele Kosten der Automobilgesellschaft werden von der Allgemeinheit getragen, während im Bereich des ÖPNV eine außerordentlich hohe Selbstbeteiligung der Nutzer_innen gefordert wird. Hier ein Umdenken zu befördern, ist unser Ziel. Linke Stadtpolitik kann darauf Einfluss nehmen und Argumente für eine sozial gerechte Verkehrspolitik liefern. Heute haben wir die finanziellen Mittel und technischen Möglichkeiten, um eine Weichenstellung hin zu einem fahrscheinfreien ÖPNV vorzunehmen. Nutzen wir diese Chance für eine soziale, ökologisch nachhaltige und wirtschaftlich vernünftige Verkehrspolitik.

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