Wind, Flaute oder Sturm

60 Jahre nach Tod von Philipp Müller: blaue Hemden rotes Tuch für die Essener Polizei

Paul Schnittker (VVN-BdA) war 1950 mit 15 Jahren in Essen Mitglied der FDJ geworden. Bevor die FDJ 1951 in der BRD verboten wurde, war sie mit 800 Mitgliedern die stärkste Jugendorganisation in Essen, erzählte Paul Schnittker in seiner Rede zu Beginn der Demonstration am 12.5.2012 zum Gedenken an den gewaltsamen Tod von Philipp Müller:

Philipp Müller, der am 11.5.2012 von der Polizei erschossen worden ist, war ebenso Mitglied der FDJ. Drei Monate vor Gründung der FDJ in Ostdeutschland gab es schon die ersten FDJ-Gruppen in Westdeutschland:

Hier ein interessanter Artikel in Wikipedia dazu.

Zitat aus Wikipedia:

Ihre wichtigsten Ziele beschrieb die FDJ in Ost und West so: Ein neues demokratisches Deutschland aufbauen, ohne Faschismus, ohne Militarismus und ohne Monopole, mit garantierten sozialen Rechten für Kinder und Jugendliche.

Die FDJ hatte 1950 in der Bundesrepublik Deutschland ca. 30.000 Mitglieder, vor allem in der Gewerkschaftsjugend.

Auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland setzte sich die FDJ gegen die Wiederbewaffnung ein und bereitete eine Volksbefragung vor. Am 24. April 1951 verbot die Bundesregierung durch Beschluss die Volksbefragung als verfassungswidrig, kurz darauf erfolgte das Verbot der FDJ.

Das Verbot der FDJ, sowie der KPD gehört endlich unmissverständlich aufgehoben, und die Opfer des Kalten Krieges müssen endlich rehabilitiert werden

Der kalte Krieg hat Auswirkungen bis heute

Einige Mitglieder der FDJ, die zur Demonstration am 12.5.2011 in Essen zum Gedenken an den gewaltsamen Tod von Philipp Müller gekommen waren, wurden von der Polizei gegen Ende der Demonstration wegen ihrer blauen Hemden festgenommen und zur Polizeiwache gebracht.

60 Jahre nach dem gewaltsamen Tod von Philipp Müller sind also blaue Hemden (mit FDJ-Abzeichen) immer noch ein rotes Tuch für die Essener Polizei.

Mitglieder der FDJ sangen und musizierten daraufhin zusammen mit weiteren Mitdemonstranten vor der Polizeiwache Essen-Mitte.

Dieser mutige und friedliche Protest war beeindruckend. Trotz ursprünglichem Verbot der Polizei konnte eine Filmaufführung der FDJ vor der Essener Philharmonie am gleichen Tag durchgeführt werden. Auch davon handelt dieser Film.

In einen Zeitungsartikel der Essener Lokalausgabe der Westdeutschen Zeitung (WAZ) hieß es, dass Personalien festgestellt worden wären, weil „möglicherweise verbotene“ FDJ-Abzeichen getragen worden seien.

Die Personalienfeststellung der FDJ’ler scheint jedoch reine Schikane gewesen zu sein, denn sowohl am Tag zuvor auf der Rüttenscheider Brücke, als auch danach bei der Filmvorführung an der Philharmonie, hatte es keinen Polizisten interessiert, dass FDJ-Hemden getragen worden sind.

Tatsächlich hat die FDJ, obwohl 1951 verboten, seit dem Einigungs- (oder 2+4-)Vertrag, den Status einer nicht verbotenen Organisation. Jedenfalls in den fünf Ländern, die einst zum Gebiet der DDR gehörten.
Das ist eine Kuriosität: Während auf dem Gebiet der ehemaligen BRD die FDJ bis heute verboten zu sein scheint, steht im Einigungsvertrag unzweideutig, daß alle Parteien und Organisationen, welche bis zum 2.10.1990 auf dem Gebiet der DDR Bestand hatten, auch im vereinigten Deutschland auf dem Territorium der Fünf neuen Länder als zugelassene Organisationen gelten.

Das führt in Berlin zu dem sehr kuriosen Umstand, dass dem Flohmarkthändler in Westberlin das öffentliche Präsentieren des FDJ-Hemdes verboten ist während sein Kollege im ehemaligen Sowjetsektor das ganz legal tun darf. Es lebe die Deutsche Einheit!

Nach Recht und Gesetz?

War es nach Recht und Gesetz Mitglieder einer erlaubten Organisation wegen ihres Abzeichens zu schikanieren und festzusetzen? Das sollte nun geklärt werden!

Rückblick 9. November 2011: Fackeln am Weberplatz

Die Essener Polizei erlaubte am 9. November 2011 einen symbolträchtigen Fackelaufmarsch der Nazis auf dem Weberplatz, mit der Begründung, dass sie nach Recht und Gesetz dazu verplichtet sei.

Und WAZ-Journalist Frank Stenglein überschrieb am 13.12.2011 in der WAZ-Essen seinen Kommentar zur Kritik an der Polizei mit dem Titel: „nach Recht und Gesetz – und sonst gar nichts „

Im Zusammenhang mit dem Vorgehen der Polizei gegen Mitglieder der FDJ am 12.5.2012 stellt sich aber die Frage:

Muss Recht und Gesetz nur dann beachtet werden, wenn es um das Demonstrationsrecht von Neonazis geht?

Essen, 9.11.2011 am Weberplatz: Polizei erlaubte Nazis mit Fackeln eine Kundgebung auf dem Weberplatz zu halten

Zum Weiterlesen: http://www.essen-stellt-sich-quer.de/index.php/Eq:EPogromNacht/2011/NPD

Weitere Reden auf der Demo am 12.5.2012

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